Chronik/Burgenland

Bollwerk gegen Stress und Hektik

800 Jahre sind die Mauern in Bernstein alt. Wie viele Zimmer das Schloss hat, „ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht“, sagt Erasmus Almásy bei der Führung durch die Gemäuer seiner Ahnen, die sich 1892 hier niederließen. Der wohl bekannteste Verwandte von Erasmus Almásy ist Ladislaus Eduard Almásy. Er diente als Romanvorlage für das Buch „Der englische Patient“. Er war Wüstenforscher, Entdecker und Pilot. Aber auch andere Verwandte, wie sein Ur-Urgroßvater Georg Almásy machten sich einen Namen. „Er war Ornithologe und Ethnologe, er unternahm Expeditionen nach China und Kirgistan“, sagt Almásy. Um das Jahr 1900 sei Bernstein ein Zentrum für Asienforschung gewesen, „hier haben sich oft Professoren getroffen“, weiß der Burgherr.

Hotel

Seit 1922 wird das Schloss von der Familie als Hotel geführt. „Unsere Familie hat nach dem Ersten Weltkrieg viel verloren und hat eine neue Einkommensquelle erschlossen“, sagt Almásy, der das Hotel heute mit seinen Eltern und seiner Schwester führt. Von Mai bis Oktober werden die Gäste in der Burg begrüßt. „Es ist ein bisschen wie im Museum zu übernachten“, sagt Almásy. Denn die Zimmer sind im Originalzustand. Matratzen und Badezimmer sind neu, aber sonst bieten die zehn Gästezimmer Schlossfeeling wie im vorigen Jahrhundert. Die modere Technik habe ebenfalls noch nicht Einzug gehalten. „Der Handyempfang ist sehr schlecht“, sagt der Hotelier. Aber die Burg war schon immer ein Rückzugsort, „früher flüchtete die Bevölkerung vor feindlichen Armeen auf die Burg, heute fliehen unsere Gäste vor dem Stress und der Hektik des Alltags“, sagt Almásy. Im Herbst startet er eine Woche ohne Elektronik. Handys, Tablets und Computer haben Hausverbot. „Jogastunden am Morgen, Spaziergänge im Wald oder Klavierkonzerte werden wir den Gästen als offline Aktivitäten anbieten“, sagt Almásy.

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Die Burg selbst ist nie modernisiert worden, Fernseher, Minibars oder Telefone sucht man in den Zimmer vergeblich. Dafür gibt es Bücher, originale Möbelstücke wo einst Adelige residierten und atemberaubende Fernsicht. Im Zimmerpreis ist das alles inbegriffen, ebenso wie das Frühstück im Rittersaal – der ganz ohne elektrisches Licht auskommt.

Familienbetrieb

Almásy hat eigentlich Technische Physik in Wien studiert und seinen Bachelor gemacht. „Als meine Eltern in Pension gehen wollten, war mir klar, dass ich zurückkommen will“, sagt Almásy. Jetzt arbeitet er gemeinsam mit seiner Schwester und den Eltern im Hotel. „Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung“, sagt der Unternehmer. Auch wenn viel zu tun ist, „wir haben immer eine Baustelle im Haus“. Trotzdem sei das Leben auf Burg Bernstein entschleunigter und vor allem ruhig.

 

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Im August und September bietet die Familie auch Führungen durch das Schloss an. „Wir machen die Touren so dezent, dass wir die Hotelgäste nicht stören“, sagt Almásy. Immer wieder Thema ist auch die „Weiße Frau von Bernstein“, das Schlossgespenst ist schon seit 1859 immer wieder in den Gängen und Zimmern unterwegs. „In letzter Zeit ist es sehr ruhig geworden“, sagt Almásy. Nicht ein Mal der Hausgeist scheint die Ruhe im Schloss stören zu wollen.

Nachgefragt

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KURIER: Was macht das Landleben für Sie lebenswert?
Erasmus Almásy: Es ist alles viel langsamer als in der Stadt und ruhiger,  was ich mittlerweile sehr zu schätzen weiß. 

Wo ist Ihr Lieblingsplatz?
Wir haben einen angebauten Erker im ersten Stock mit Blick nach Südwesten, es ist ein wunderbarer Ort, um   am Abend noch ein Glas Wein zu trinken. Es war das ehemalige Studierzimmer vom Urgroßvater und  ich  kann gut verstehen, warum er es dort eingerichtet hat. 

Vermissen Sie das Stadtleben?
Nein, ich vermisse es überhaupt nicht. 

Wo sehen Sie die Schwierigkeiten am Landleben?
Die größte Schwierigkeit, auch für uns als Gewerbe, ist die  schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel.

www.burgbernstein.at