Chronik/Burgenland

Bangen um Burgenländer in Kairo

Hosni Mubarak erlitt nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft einen Nervenzusammenbruch, als er beim Tora-Gefängnis in Kairo abgeliefert wurde. Als Ex-Staatschef weiß er, wie es in dem weltweit berüchtigten Foltergefängnis zugeht. Auch der 32-jährige Burgenländer Hannes F. weiß das. Er sitzt dort seit 222 Tagen in U-Haft. Ehefrau Lisa fürchtet inzwischen um sein Leben.

Das Martyrium des Familienvaters begann mit einem kreischenden Zollbeamten am Flughafen Kairo. Anlass waren drei Gewehre, die F. im Auftrag einer italienischen Sicherheitsfirma in Suez an Bord eines italienischen Tankers zur Piratenabwehr bringen sollte. Kein Kriegsmaterial, sondern alte Weltkriegskarabiner – also ein Waffentransport, wie er weltweit auch von Jägern und Sportschützen durchgeführt wird. Kurze Zeit später war das Reisegepäck zerfetzt, das Geld gestohlen, und F. blickte in die Pistolenmündung eines Staatsanwaltes. Er sollte ein vorgefertigtes Geständnis unterschreiben, wonach er ein israelischer Terrorist sei. Seither "lebt" er in einer fünf mal 20 Meter großen Gefängniszelle mit bis zu 80 Personen im Alter von 14 bis 86 Jahre. Im Winter hat es minus fünf Grad, im Sommer klettert die Quecksilbersäule auf 60 Grad.

Sterbende

F. berichtet dem KURIER die Situation: "Viele schlafen auf dem Boden. Manche sterben auch dort." Etwa ein 68-jähriger, schwer kranker Mithäftling. "Die Wächter kamen erst nach langer Zeit, stiegen über den Sterbenden, und plünderten seine Vorräte. Ein Wächter trat auf den alten Mann ein – aus Frust, weil er keine Zigaretten erbeuten konnte. Erst nach vier Tagen konnten wir die Beamten mit Zigaretten dazu bewegen, die Leiche aus der Zelle zu schaffen."

Es sei ein Leben zwischen "Mischgeruch von Erbrochenem, Ammoniak, und Urin, der Verwesungsgeruch von mittlerweile einigen Leichen und faulendem Essen. Und eine Vielzahl von Ungeziefer." Bewegen könne man sich nur einmal pro Tag auf einem schmalen Gang. Doch der wäre neun Tage lang durch die verwesende Leiche des verstorbenen Mithäftlings blockiert gewesen.

25 Kilogramm hat Hannes F. inzwischen verloren. Er leidet unter unerträglichen Bauchschmerzen und hat Sehstörungen. Trotz heftigster Bemühungen der österreichischen Botschaft ist es bisher nicht gelungen, einen Vertrauensarzt in die Zelle zu bringen. Nur zwei Mal wurde ein Besuch des Pfarrers gestattet. Das ist eines der Indizien, warum Ehefrau Lisa fürchtet: "Die wollen ihn da drinnen sterben lassen, weil sie sich die Blamage eines Freispruchs ersparen wollen." Ein Verdacht, der auch durch die Aussage eines Wächters gestärkt wird: "Wenn du endlich stirbst, sind wir ein Problem los."

Erschöpfungszustand


Ehefrau Lisa muss für die siebenjährige Tochter sorgen. Außerdem organisiert sie Verteidigung, Lebensmittel und Medikamente. Aber auch sie ist inzwischen am Ende. Die ärztliche Diagnose: "Erschöpfungszustand mit Verdacht auf Burn-out."

Jetzt kann sie nicht mehr nach Kairo fliegen. Von ihrem Mann ist ihr bis auf Weiteres nur eine Halskette geblieben, die er in der Zelle gebastelt hat. Die einzige und wesentliche Unterstützung kommt vom Außenministerium und vom österreichischen Botschafter Thomas Nader. Die neueste Nachricht: Möglicherweise lassen die Ägypter kommende Woche endlich einen Arzt zu ihrem Mann.

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