9 von 171: Hauptamtliche Bürgermeister sind eine rare Spezies
Von Thomas Orovits
Angelika Mileder muss nicht lange überlegen: „Es war die richtige Entscheidung, das Bürgermeisteramt hauptamtlich auszuüben“, sagt die Ortschefin der mittelburgenländischen Gemeinde Frankenau-Unterpullendorf. „Ich würde das wieder so machen und empfehle es auch allen anderen“.
Noch gehört Mileder aber zu einer kleinen Minderheit. Nur 9 der 171 Bürgermeister im Land haben sich für die Hauptamtlichkeit entschieden, die seit einer Novelle des Gemeinderechts vor drei Jahren möglich ist. Neben Mileder sind es die Ortschefs von Rudersdorf, Dt. Kaltenbrunn, Rotenturm, Mannersdorf, Steinbrunn, Purbach, Parndorf und Deutsch Jahrndorf, die zu 100 Prozent für die Gemeinde arbeiten und dafür 25 Prozent mehr Gehalt bekommen als ihre nebenberuflichen Kollegen.
Nicht in Stein gemeißelt
Die ÖVP-Politikerin, die im April 2017 vom Gemeinderat und bei der Bürgermeisterwahl im darauffolgenden Oktober beim ersten Antreten von der Ortsbevölkerung mit 65,1 Prozent direkt gewählt wurde, hat beides probiert. Im ersten halben Jahr hat die gelernte Schneidermeisterin den Polit-Job nur nebenberuflich erledigt, von 9 bis 18 Uhr stand sie noch als Verkäuferin in einem Modegeschäft. „Das war sehr stressig“, erinnert sich die Mutter dreier erwachsener Kinder. Als Einsteigerin sei in der Gemeindepolitik ohnehin alles neu und komplex gewesen, dazu der Beruf, Familie und Haushalt – den sie auch „nicht liegenlassen wollte“.
Deshalb habe sie sich nach der Wahl im Oktober 2017 exklusiv für die Gemeindepolitik entschieden und diesen Schritt bis heute nicht bereut. „Das Gemeindewesen wird immer komplizierter und die Verantwortung größer“. Und die Bürger honorieren das auch, ist Mileder überzeugt. Denn sie sei für die Ortsbevölkerung immer erreichbar und präsent. Aber was, wenn sie 2022 nicht mehr gewählt würde? „Dann kann ich immer noch auf meinen erlernten Beruf zurückgreifen und mich als Kleidermacherin selbstständig machen“, wird Mileder nicht bange.
Wenn Bürgermeister hauptamtlich tätig sein wollen, müssen sie das innerhalb von vier Wochen nach der Angelobung bekannt geben – so wie Mileder. Im § 25b des Gemeindebezügegesetzes gibt es aber auch ein Schlupfloch: „Sofern sich eine Änderung der beruflichen Situation während der Funktionsdauer ergibt“, kann auch später innerhalb von vier Wochen der Status geändert werden.
Kein zweites Gehalt
Davon haben in jüngster Zeit zwei Ortschefs aus dem Nordburgenland Gebrauch gemacht: Thomas Kittelmann (ÖVP) aus Steinbrunn und Elisabeth Böhm (SPÖ) aus Neusiedl am See. Die rote Chefin der zweitgrößten Stadt des Landes ist nach der Wahl von Christian Drobits in den Nationalrat in den Landtag eingezogen und muss deshalb die Bürgermeistertätigkeit wieder „nebenbei“ machen. Denn im Gesetz heißt es, die „hauptberufliche Ausübung der Funktion ist unzulässig“, wenn ein Bürgermeister steuerpflichtige Einkünfte bezieht, die das Einkommen von geringfügig Beschäftigten übersteigen. Und das tun die 5.691,20 Euro brutto monatlich für einen Landtagsabgeordneten allemal.
Vor dieser Situation könnte bald auch Mileder stehen. Die 47-jährige Aufsteigerin aus dem Mittelburgenland gehört nämlich nicht nur zur neuen Stellvertreterriege von ÖVP-Landeschef Thomas Steiner, sondern kandidiert auch für den Landtag. Würde sie dann wieder nebenberufliche Ortschefin werden? „Das muss ich mir anschauen, wenn es so weit kommt“, bleibt sie gelassen.
Vielleicht auch deshalb, weil sie für den Sprung in den Landtag den geeichten Vorzugsstimmen-Sammler Patrik Fazekas überholen müsste. Mileder: „Ich will niemandem Vorzugsstimmen wegnehmen“.