Auf der Boku wird auch Esoterik gelehrt
Von Julia Schrenk
Es war im Jahr 2006, als der Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (die heutige Wirtschaftsagentur der Stadt) der Universität für Bodenkultur ( Boku) den Auftrag für eine „landschaftsstrukturelle und geomantische Studie“ zum ehemaligen Flugfeld in Aspern erteilte. Ziel war ein umfassendes Bild über jene Fläche zu bekommen, auf der später die Seestadt Aspern errichtet wurde.
Ein achtköpfiges Team der Boku arbeitete unter der Leitung von Erwin Frohmann an der Studie, die – wie unlängst via profil bekannt wurde – einem Hollerstrauch „spezifische energetische Eigenschaften“ bescheinigte.
Studienautor Frohmann ist außerordentlicher Universitätsprofessor, studierter Biologe und Landschaftsarchitekt. Außerdem ist er „Geomant“ und betreibt das „Institut für Raum und Mensch“ in Graz.
Die Geomantie ist eine esoterische Lehre, die die „Vitalität und Lebenskraft“ einer Landschaft feststellen will. „Es geht um die innere Intelligenz“ eines Ortes, sagt Erwin Frohmann.
„Hokuspokus“
Der stellvertretende Leiter des Instituts für Landschaftsarchitektur an der Boku stand schon vor Jahren in der Kritik. In einem Text mit dem Titel „Hokuspokus an der Wiener Boku“ berichtete Krista Federspiel, Medizinjournalistin und Mitglied der Gesellschaft für Kritisches Denken, darüber, dass sich „der Glaube an die Geomantie“ an der Boku „besonders hartnäckig“ halte. Es gehe um Wasseradern, Erdstrahlen, Kraftfelder, Störzonen und Gitternetzlinien.
Für eine Diplomarbeit am Institut für Landschaftsarchitektur etwa wurden „Messungen an mit Hilfe der Radiästhesie (Wünschelruten- und Pendeleinsatz) ermittelten Reizzonen (von Rutengängern auch Erdstrahlen-, Reaktions- oder geopathogene Zonen genannt) durchgeführt“.
Wahrnehmung
Die Begegnung mit der Landschaft ist nicht ausschließlich naturwissenschaftlich“, sagt Frohmann. Seine Methode erhebe „nicht den Anspruch einer vollständigen wissenschaftlichen Prüfung“. Ergänzend zu naturwissenschaftlichen Messungen gebe es „unterschiedliche Wahrnehmungsmethoden“, mit deren Hilfe man „über die Grenzen des naturwissenschaftlichen Bereichs hinausgehen“ könne. Frohmann stellt sich dafür mit geschlossenen Augen in die Landschaft und versucht, „Energien“ – positive wie negative – zu erspüren.
Dass so etwas Platz an eine Universität hat, stößt bei Kritikern auf Unverständnis: „Das ist ein Skandal“, sagt Florian Aigner, Physiker und Mitglied der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. „Wenn jemand darüber nachdenkt, wie man Räume gestaltet, um Wohlbefinden zu erlangen, wenn es um Ästhetik geht, dann ist das eine gute Sache“, sagt Aigner. „Wenn es aber wie bei Geomanten um irgendwelche Curry-Gitter in der Erde geht, um sich kreuzende Wasseradern, dann muss man sagen, dass das alles schon unzählige Male überprüft wurde.“ Die Theorien hätten sich nie bestätigt. „Jede Uni ist gut beraten, das abzustellen“, sagt Aigner. Das sieht auch Krista Federspiel so: „Ich fordere die Unis auf, sich zu reinigen. Das sind keine Fakten, das ist eine fantasierte Welt.“
Aus der Pressestelle der Boku heißt es: „Bei uns gibt es keine Denkverbote. Die Wissenschaft ist frei. Wissenschafter können frei arbeiten.“