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Wohnen im Schloss

Erfolgsregisseur und Drehbuchautor Michael Haneke („Das weiße Band“) ist Eigentümer von Schloss Meires im niederösterreichischen Waldviertel. Der deutsche Unternehmer (und Erbe) Gert-Rudolf Flick leistete sich nach Jahren in der Schweiz und in London das Schloss Montfort in Salzburg. Künstler und Unternehmer sind die neuen Schlossherren. Adelige Familien findet man eher auf der Verkäuferseite.

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Jeder Deal und jedes Objekt hat eine Geschichte – so auch das Schloss Annabichl am Stadtrand von Klagenfurt: Georg Graf Khevenhüller ließ das Schloss im Jahr 1580 für seine zweite Frau errichten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Fassade im Auftrag von Erzherzogin Maria Anna barockisiert.
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Viele Jahrzehnte und Besitzer später kaufte in den 1980er-Jahren ein wohlhabendes Ehepaar das mittlerweile heruntergekommene Schloss. Es wurde mit viel Liebe renoviert und saniert. „Heute ist er über 80, sie ist Ende 70. Beide sind noch sehr fit, können sich aber nicht mehr selbst um alles kümmern. Die Kinder leben im Ausland, daher steht das Schloss nach über 30 Jahren wieder zum Verkauf“, erzählt Berndt Kretschmer, Prokurist beim Salzburger Immobilienvermittler Stiller & Hohla. Inklusive Nebengebäude logiert man hier auf 900 Quadratmeter – vorausgesetzt, man kann 3,5 Millionen Euro lockermachen.
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„Das ist für ein Privathaus keine besonders exotische Zahl. In der Wiener Innenstadt gibt es Wohnungen, die auch so viel kosten“, relativiert Kretschmer, der derzeit außerdem ein besonders Objekt in Südtirol im Angebot hat: Mit dem Ansitz Festenstein wollte sich ein deutscher Architekt seinen Wohntraum erfüllen. Er wünschte sich einen burgartigen Wohnsitz mit Panoramablick. Also begann er vor rund 15 Jahren auf einer Anhöhe in Südtirol mit einem Neubau aus historischen Materialien wie Fels und Schieferschindeln. Kurz vor der Fertigstellung musste er den Ansitz und den dazugehörigen Gäste-Bungalow aus gesundheitlichen Gründen verkaufen. Die neuen Eigentümer, ein Hotelier-Ehepaar aus dem Ort, fühlten sich abseits vom Geschehen bald einsam und wollen daher das gesamte Anwesen für 3,8 Millionen Euro wieder an den Mann bringen.

Das Angebot ist also groß, die Interessenten sind eine überschaubare Gruppe. Schließlich ist es mit dem Kaufpreise allein nicht getan. „Die monatlichen Kosten für die Erhaltung, die Heizung und das Personal können schon 4000 bis 5000 Euro betragen“, sagt Peter Marschall, Chef von Marschall Immobilien. Wer auf Haushälterin und Gärtner verzichtet, kommt mit der Hälfte aus, doch große Anwesen kann man nicht allein in Schuss halten. „Wir verkaufen gerade ein Schloss in der Steiermark mit 1200 Quadratmeter Wohnfläche und einem parkähnlichen Grundstück mit 1,6 Hektar. Hier wohnt und arbeitet ein Ehepaar als Hauswirtschafter“, so Marschall.

Der Noch-Eigentümer hatte sich seinen Traum vom eigenen Schloss verwirklicht. Weil er es aufgrund von beruflichen und privaten Veränderungen nur noch wenig nützt, wird das Schloss für 2,3 Millionen Euro zum Kauf angeboten. „Das ist ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Denn vor drei Jahren wurde das Gebäude komplett saniert“, so Marschall. „Es gibt viele Projekte auf dem Markt, aber die meisten muss man erst für viel Geld herrichten. Daher sind renovierte Objekte gefragt.“

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Ebenfalls komplett saniert ist zum Beispiel das Schloss Kirchstetten in Niederösterreich. „Das Besondere an diesem Objekt ist der Festsaal mit einem Deckenfresco von Franz Anton Maulbertsch“, erzählt Fridolin Angerer von Spiegelfeld Immobilien. Maulbertsch war ein Vertreter der österreichischen Spätbarockmalerei und schuf hier zwischen 1750 und 1752 sein bedeutendstes Jugendwerk „Der Triumph der Wahrheit über die Zeit“.

Die Preise für ein Schloss liegen zwischen 500.000 Euro und zehn Millionen. „Die meisten Objekte bewegen sich zwischen ein und drei Millionen. Maßgeblich sind der Zustand des Gebäudes, die Größe des Grundstücks und die Lage. Historisches Mobiliar oder eine Eigenjagd erhöhen den Wert. „Ein Schloss ist keine Anlageimmobilie“, stellt Angerer klar. „Denn meistens sind die Kosten für die Erhaltung höher als die Renditen. Andererseits steckt das Geld in dicken Mauern und kann nicht abgewertet werden. Wer so wohnt, signalisiert Beständigkeit und Stabilität.“

Vor allem Industrielle und Unternehmer, aber auch Anwälte und Steuerberater schätzen dass Wohnen hinter historischen Mauern. Für diese Klientel spielt Privatsphäre eine große Rolle – und die bleibt dank der großen und meist parkähnlichen Grundstücke gewahrt. Man kann sich hinter dicken Mauern verschanzen und schafft Distanz zum Alltag.

In diesen Kreisen werden oft Bilder oder Antiquitäten gesammelt. „Große Gemälde und Möbelstücke bringt man in historischen Gebäuden eher unter. Und man hat Platz für die Oldtimer-Sammlung“, sagt Kretschmer.

Für diese Zielgruppe ist die Lage, also eine gute Erreichbarkeit und die Nähe zu größeren Städten wichtig. Künstler schätzen hingegen eher die Abgeschiedenheit von Regionen wie dem Waldviertel.

Zu den Verkäufern gehören aristokratische Familien, die im Zuge einer Erbschaft verkaufen und das Geld aufteilen. „Das ist auch eine Frage der Bequemlichkeit. Oft haben die Älteren viel Geld, Energie und Zeit in so ein Schloss investiert. Die Jungen betrachten es eher als Klotz am Bein und sind lieber ungebunden“, beobachtet Marschall.

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Manche Schlossbesitzer müssen verkaufen, weil sie sich die Erhaltung nicht mehr leisten können. Auch kirchliche Einrichtungen trennen sich von ihren Besitztümern. „Wir haben kürzlich das Schloss Kolleg in Kärnten verkauft. Der Jesuiten-Orden hat das Schloss früher als Exerzitienhaus genützt und später als Bildungshaus geführt. Weil es zu wenig Ordensnachwuchs gibt, wurde verkauft“, erzählt Angerer. Der neue Eigentümer, ein Unternehmer aus der Gegend, wird das Schloss teils privat und teils geschäftlich nützen. Denn mit 1300 Quadratmetern ist das Objekt für eine rein private Nutzung etwas zu groß.
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Handliche Schlösser mit 400 bis 1200 Quadratmeter eignen sich zum privaten Wohnen. „Bei größeren Objekten muss man sich eine zusätzliche oder andere Nutzung überlegen. Denn man muss die Räume mit Leben füllen, sie beheizen und lüften“, sagt Angerer. Selbstständige bringen oft ihr Büro im Schloss unter, andere machen daraus ein Hotel, eine Privatklinik oder ein Schönheitsinstitut – vorausgesetzt, der Denkmalschutz spielt mit. Angehende Schlossbesitzer sollten also nicht nur viel Geld, sondern auch die Liebe zu diesen historischen Mauern mitbringen.

Wo kann man im Schloss Schönbrunn wohnen und wie kommt man zu einer so noblen Adresse?

Die rund 150 Wohnungen sind auf das Schloss und die Nebengebäude im ganzen Areal verteilt und zwischen 50 und 200 Quadratmeter groß. Im Hauptgebäude des Schlosses besteht zum Beispiel der gesamte dritte Stock aus Wohnungen. Einige werden gerade saniert und mit Fernwärme ausgestattet. Pro Jahr werden zwischen fünf und zehn Objekte neu vermietet, derzeit sind je eine Wohnung im Valerietrakt und im Kavaliertrakt frei. Man muss keine besonderen Beziehungen haben, um hier Mieter zu werden. Im Schönbrunn-Journal, das vier Mal pro Jahr erscheint, werden die freien Wohnungen angeboten. Interessenten können sich unter info@schoenbrunn.at melden. Auf diesem Weg werden auf Anfrage auch die Kontaktdaten zur externen Hausverwaltung bekannt gegeben, welche Interessenten vormerkt und die Wohnungen vergibt.

Wie hoch ist die Miete?

Die Miete liegt zwischen 9 und 16 Euro pro Quadratmeter und richtet sich vor allem nach der Lage und der Raumhöhe. Die Wohnungen mit sehr hohen Räumen und mit Blick auf das Schloss oder die Gloriette sind teurer, die kleineren Wohnungen in den Nebengebäuden mit Blick in einen Innenhof sind günstiger.

Wohnen im Schloss klingt sehr romantisch. Wie begehrt sind diese Objekte?

Es gibt durchaus Interessenten, aber Angebot und Nachfrage halten sich die Waage. Natürlich ist die Adresse Schloss Schönbrunn etwas ganz Besonderes. Aber man darf nicht vergessen, dass es auch Nachteile hat, hier zu wohnen. Pro Jahr besuchen 2,5 Millionen Touristen das Schloss Schönbrunn, im Dezember gibt es den Weihnachtsmarkt, im Sommer verschiedene Veranstaltungen. Tagsüber hat man also keine Ruhe, dafür ist es in der Nacht sehr still und man hat den gesperrten Park für sich allein. Die Nahversorgung ist nicht sehr gut, zum Hietzinger Tor oder zum Meidlinger Tor muss man ein gutes Stück gehen. Die Mieter können zwar eine Vignette kaufen und damit hereinfahren, aber es gibt keine fixen Parkplätze. Mittlerweile gibt es zwar auf einzelnen Stiegen einen Lift, die meisten müssen aber Treppen steigen, weil der Einbau eines Aufzugs nicht möglich ist.