Leben/Wohnen & Design/Wohnen

Verborgenes Grün in Zürich

Wohnen im Grünen ist ein besonderes Privileg – vor allem in der Stadt, wo Privatgärten ein rares Gut darstellen und meist unerschwinglich sind. Das gilt auch für die adrette Finanzdrehscheibe am Zürichsee, der mit seinem sauberen, klaren Wasser zum Baden einlädt. Doch nicht an jeder Stelle kann geplanscht werden. Unweit des Geschäftszentrums reihen sich private Anlagen an das Ufer, die sich sorgsam vor Einblicken schützen. "Wir bleiben gern versteckt", antwortete etwa eine Dame, als Buchautor Andreas Honegger um Erlaubnis bat, ihr Refugium gemeinsam mit Fotograf Gaston Wicky besuchen und für den Bildband "Die geheimen Gärten von Zürich" ablichten zu dürfen. Zum großen Glück aber waren nicht alle Tore verschlossen: Mehr als 30 Besitzer gewährten dem Duo Zutritt zu parkähnlichen Anlagen, Villengärten und Terrassen am See oder hoch über der Limmat mit Blick bis zu den Alpen.

Alle Inhalte anzeigen
Auf eine durchgestylte Idylle sind sie etwa im Zürcher Seebecken gestoßen. Eine niedrige Ufermauer, die im Sommer von üppigem Blauregen gekrönt wird, trennt das Grundstück vom Wasser. Das von Landschaftsarchitekt Günther Vogt gestaltete Areal umgibt ein Ensemble mehrerer neu errichteter Gebäudeteile, die sich locker in die Seelandschaft einfügen. Hinter einem Rasen, der dank einer diagonal verlaufenden leichten Welle animiert wirkt, liegt ein ausgedehnter Kiesplatz. mit einigen Bäumen aus altem Bestand und Topfpflanzen. Daneben gibt es eine Bocciabahn, ein Bootshaus, einen Pavillon sowie mehrere sonnige und schattige Sitzplätze. Auffallendstes Merkmal dieses Gartens sind Tausende Narzissen, die im Frühling weiß blühen und sich in streng geometrischen Reihen erstrecken, so dass sie den Blick von drinnen gekonnt nach draußen auf das blaue Nass lenken. Hinter dem Haus liegt ein Bauerngarten, der von zwei Seiten von einer Pergola umgeben ist.

An dessen Nordseite erhebt sich der Blickfang der Anlage: Ein 1868 gepflanzter, unübersehbarer Riesen-Mammutbaum, der 42 Meter in die Höhe ragt. Die Autoren streben mit dem bildstarken Werk keine Vollständigkeit an. Ziel ist es viel mehr, die Bandbreite an Gärten aufzuzeigen – vom einfachen Schrebergarten über die innerstädtische Dachterrasse bis hin zu versteckten Hinterhofgärten und prachtvollen Refugien mit Blick auf See und Berge.

Alle Inhalte anzeigen
Wie groß die Vielfalt ist, demonstriert auch der Garten von Francesca am unteren rechten Zürichsee. Sie hat neben einem Gemüsegarten auch einen separaten Bereich für Rosen eingerichtet, wo sich die edlen Sorten vom Frühling bis zum Herbst in ihrer ganzen Pracht zeigen können. Mit einer Mauer aus alten holländischen Backsteinen eingefriedet und vor Wind geschützt erhalten die Sträucher und Stauden einen perfekt auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Standort.

Zu dem Haus gehören ein großer Schwimmingpool und ein Teich. Letzterer dient im Sommer den Kröten und Fröschen als Laichplatz. Auf der einen Seite ist er von Rhododendren umwachsen, auf der anderen mit großblättrigen Exemplaren wie Gunnera, Rodgersia und vielem mehr.

Ob intimer, in sich gekehrter Gartenraum oder extrovertierte Anlagen, romantisches Durcheinander oder akkurat gestutzte Hecken – die Auswahl der vorgestellten Beispiele ist weitgehend zufällig erfolgt. Wichtig war den Autoren, nicht einzelne Fragmente sondern im Ganzen interessante Anlagen vorzustellen. Der Leser erhält dadurch ein umfassendes Bild über die Vielfalt an individuellen Lösungen und erhält Inspirationen für die eigene Freiluftzone. Das ein oder andere Detail kann man sich auch tatsächlich abschauen: Wicky Gaston hat die Pflanzenwelt akribisch durch seine Linse beobachtet, während Andreas Honegger sie genau beschrieben hat. So kann man einzelne Ideen auch in den eigenen Garten "pflanzen" und seine direkte Umgebung mit einem Neuzugang bereichern.

Buchtipp

Alle Inhalte anzeigen
Autor Andreas Honegger und Fotograf Gaston Wicky porträtieren in „Die geheimen Gärten von Zürich‘‘ traumhafte Refugien in der Stadt und am See. DVA Verlag, € 25,70