Wettbewerb: Der Student Paul Dominik Höber entwarf mit seiner Holzbrücke einen kunstvollen Übergang.
Ein bisschen winterlich ist es noch, als die Architekturstudenten der Technischen Universität Graz das Areal im März betreten. Nur der Selitzabach bahnt sich seinen Weg durch den Park, der dem Schloss Lackenbach vorgelagert ist. Um einen Rundgang zu ermöglichen, muss das Gewässer überwunden werden. Deswegen sind sie hier, neunzehn Kommilitonen und Milena Stavrić, die das Projekt leitet. "Ich war ein bisschen verzweifelt", sagt Paul Dominik Höber. "Die erste Skizze habe ich gleich gefertigt. Aber ich hatte Angst, dass sie sich schlussendlich nicht umsetzen lässt."
Knapp vier Monate später, der Park ist ergrünt, alles blüht. Höber überquert den Selitzabach, als wäre es nie anders gewesen. Über seine Brücke, seinen "Splitterweg", wie er das Projekt genannt hat. "Das ist ziemlich überwältigend." Wer von der Draisinenstation kommend das Gelände betritt, durchschreitet ein von versetzt arrangierten Holzlatten gebildetes Eingangsportal. Ein Bauwerk, das aus der letztjährigen Lehrveranstaltung resultierte. "Meine Idee war, dieses stabförmige Element aufzunehmen und weiterzuentwickeln. In meiner Vorstellung habe ich das Portal gesprengt und neu angeordnet." Aus diesen "Splittern" entstand ein Bogen, der diagonal überspannt – er zieht sich von rechts nach links. "Ich habe gewusst, dass es möglich ist, auch wenn es eine große Aufgabe für den Statiker wird."
Der Holzsteg habe von allen Projekten die komplexeste Geometrie gehabt, erklärt Stavrić. "Es war eine Herausforderung, sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung." Clemens Biffl, Leiter von Esterhazy Immobilien, die als Auftraggeber fungierten, betont die Besonderheit: "Es war das einzige Projekt, bei dem das statische System des Bogenträgers als Gestaltungselement genutzt wurde. Bereits bei der Erstpräsentation wurde diskutiert, ob dies realisierbar ist." Aus Lärchenholz gefertigt, kann der "Splitterweg" heute den Beweis antreten.
Bis zum Status quo war es aber noch ein langer Weg. Nachdem der Sieger in Form eines dreistufigen Wettbewerbs unter den Studierenden gekürt wurde – Kriterien waren Realisierbarkeit, ästhetische Wirkung und Lebensdauer –, ging es an die Umsetzung. Und die wurde von Höber mit seinen Kollegen geleistet. Hitzige Diskussionen inklusive. "Bei dem Projekt habe ich Argumentieren gelernt. Man tendiert schnell einmal zur einfacheren Lösung, die oft nicht die beste ist." Dennoch blieb das Projekt nah am Entwurf, der in der Zimmerei Baumgartner in Reichenfels in Kärnten unter professioneller Anleitung und Mithilfe von den Studenten umgesetzt wurde. "Viele waren zum ersten Mal in einer Werkstatt", sagt der 28-jährige Feldbacher. "Wir haben gemeinsam gesägt, gefräst, gebohrt. Und bis zuletzt mit unserem Statiker Elmar Hess telefoniert." Dimensionierung, Balkenstärke, Spannweite – Höber weiß es noch genau.
In drei Tagen wurde der Holzsteg gefertigt und anschließend für den Transport zerlegt. 72 Stunden später stand er im Schlosspark zur Nutzung bereit. "Viel geschlafen haben wir nicht." Dafür ein Projekt von der Ideenfindung bis zur Umsetzung getragen, das einen ersten Vorgeschmack auf die Praxis liefert. Esterhazy denkt bereits über weitere Konstruktionen nach, die Kooperation mit der TU Graz soll fortgesetzt werden. Und auch Paul Dominik Höber hat noch keinen Schlussstrich gezogen. "Einen Abgrund zu überspannen, das hat schon etwas Faszinierendes. Ich kann mir vorstellen, dass das eine Berufung ist."