Schöner arbeiten
Von Claudia Elmer
Die Philosophie der Marke soll nach außen sichtbar und nach innen erlebbar sein. Banken, Versicherungen, Erdölgesellschaften, Immobilienfirmen, Automobil- und Sportartikelhersteller bauen, um zu beeindrucken. Sie investieren mehrstellige Millionenbeträge in ihre Betriebsgebäude, um mit einer extravaganten Architektur ihre Markenbotschaft und wirtschaftliche Macht zu demonstrieren. Die Mitarbeiter sollen den Spirit des Konzerns auch durch den Stil des jeweiligen Gebäudes erleben.
Eine sechsköpfige Jury aus Gebäudespezialisten hat nun im Auftrag von Emporis, einem Unternehmen das Bauwerke bewertet und auszeichnet, 15 spektakuläre Beispiele ermittelt.
Das Ergebnis ist nicht als Ranking zu verstehen sondern als Sammlung außergewöhnlicher Architektur – in New York und London, Moskau und Kuala Lumpur oder in München. Dort steht das älteste Bauwerk: Das BMW Building ist 35 Jahre alt.
Adidas
2011 wurde das Forschungs- und Entwicklungszentrum „Laces“ eröffnet – mit gewaltigen Dimensionen: Die Fläche beträgt knapp 62.000 Quadratmeter (das entspricht etwa acht Fußballplätzen), verteilt sich auf sechs Stockwerke und schafft 1400 neue Arbeitsplätze.
Der Grundriss ist einem Sportschuh nachempfunden. Brücken, sogenannte Laces, verbinden die Seitenflügel. Sie sollen die Schnürsenkel symbolisieren. Die Büros sind ringförmig angeordnet und sowohl nach innen als auch nach außen großzügig verglast.
Neben den fixen Arbeitsplätzen gibt es 50 dezentralisierte Meetingräume. Sie sind mit Flatscreens und Polstermöbeln ausgestattet und stehen jedem offen. Eine Reservierung ist nicht nötig. Außerdem beherbergt das Forschungszentrum ein komplett eingerichtetes Testcenter. Dort sind unter anderem eine Kälte- und Wärmekammer wie auch ein Fußballroboter untergebracht.
BMW
Die Erlebniswelt, die sich wie ein Kegel aus dem Boden schraubt , ist von enormer Größe und besitzt kaum eine senkrechte Wand. Sämtliche Elemente sind schräg gestellt oder in sich verdreht. Trotzdem ruht die 10.000 Quadratmeter große Konstruktion auf lediglich elf Stützen.
Die Fassade aus Glas und Stahl schimmert in den unterschiedlichsten Farben. Einschnitte in der geschwungenen Dachlandschaft schaffen Sichtverbindungen zu anderen Teilen des Geländes.
Vierzylinder-hochhaus wird das Verwaltungsgebäude von BMW in unmittelbarere Nähe genannt. Der 101 Meter hohe Turm (1973 fertiggestellt von Karl Schwanzer) besteht aus vier miteinander verbundenen Röhren, die Erinnerungen an einen Vier-Kolben-Motor wecken sollen.
Mit diesem Wahrzeichen hatte der Konzern schon vor 35 Jahren Mut bewiesen und gezeigt, wie eine Marke durch Architektur repräsentiert werden kann.
Damals sorgte der demonstrative Bau für große Aufregung und löste heftige Diskussionen aus. Heute gilt der Turm als Fixpunkt der Münchner Skyline.
Mittlerweile gehört es weltweit zum guten Ton, seinen wirtschaftlichen Erfolg mit hohen Gebäuden zur Schau zu stellen. Mit gewagten Wolkenkratzern versuchen Weltkonzerne ihre Kunden zu beeindrucken. Petronas. Die malaysische Erdölgesellschaft ließ in Kuala Lumpur zwei 452 Meter hohe Türme aus dem Boden schießen. Die 88 Etagen basieren auf einem Grundriss in der Form eines achteckigen Sterns. In einer Höhe von 170 Metern sind die Gebäude, die bis 2004 die höchsten der Welt waren, mit einer Skybridge verbunden.
Bank of China
Auch das Finanzunternehmen in Hongkong setzt auf Höhe. Mit 367 Metern zählt das Headquarter zu den höchsten Bürogebäuden der Welt. Der chinesische Pritzker-Preisträger I.M. Pei verkleidete den Turm mit Dreiecken. Damit erinnert der Wolkenkratzer an einen überdimensionalen Kristall.
EnCana
„The Bow“ dient dem größten kanadischen Erdöl- und Gasförderunternehmen als neuer Hauptsitz. Das Hochhaus wurde 2012 eröffnet und ist mit 236 Metern der höchste Turm Calgarys. Die Pläne dafür stammen von Norman Foster, Pritzker-Preisträger und einer der berühmtesten Architekten. Der Name „The Bow“ leitet sich von der halbmondförmigen Stahlrahmen-Konstruktion und der guten Aussicht auf den Bow River ab.
Hearst Corporation
Auch der älteste Medienkonzern der Welt ließ sich seinen New Yorker Firmensitz von Norman Foster errichten. Der Brite entwickelte einen Glasturm, der einem historischen Sockelbau aufgesetzt ist und 182 Meter in den Himmel ragt. Berühmtheit erlangte das Gebäude nicht nur wegen seiner expressiven Gestalt. Sondern auch wegen seines innovativen Energiekonzeptes. Es erhielt zahlreiche Auszeichnungen, etwa den Internationalen Hochhauspreis im Jahr 2008.
Lloyd's of London
Aldar properties
In einem kreisförmigen Gebäude des Nahen Ostens hat die Immobilien- und Investmentfirma Aldar Properties ihren Firmensitz bezogen. Das 23-stöckige Haus erreicht eine Höhe von 110 Metern und unterstreicht die führende Stellung von Aldar Properties. Der 2010 eröffnete Bau wurde von von MZ Architects entworfen und avancierte binnen kurzer Zeit zum Herzstück von Al Raha Beach, einer neuen Stadt am Rande Abu Dhabis.
Weitere interessante Projekte sollen folgen. Im Silicon Valley soll die neue Firmenzentrale von Apple entstehen: Ein ringförmiger Campus von 230 Metern Durchmesser, der an ein futuristisches Raumschiff erinnern soll. Das weltweit größte Erdgasförderunternehmen Gazprom (derzeit mit Sitz in Moskau) plant einen Wolkenkratzer in Form einer Gasflamme. Mit 460 Metern Höhe wäre der Turm in St. Petersburg das höchste Gebäude Europas.
Herr Etzold, Sie kommen gerade aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung Laces. Was genau machen Sie?
Ich bin seit vier Jahren bei Adidas und designe Schuhe für die Kategorie Tennis.
Was hat sich seit der Eröffnung des Laces für Sie verändert?
Der größte Vorteil ist, dass wir jetzt in Kategorien zusammensitzen und die Wege dadurch sehr kurz sind. Direkt über mir sitzt etwa die zugehörige Entwicklungs- und Kommunikationsabteilung für Tennis, zu der ich einfach hochlaufen kann. Am Arbeitsplatz selbst schätze ich, dass er sehr hell ist. Im ganzen Gebäude herrschen gute Lichtverhältnisse. Die Meetingräume sind unproblematisch zu nutzen, weil man sie vorher nicht reservieren muss. Besonders positiv finde ich auch die Materialbibliothek, die auf einem sehr professionellen Niveau geführt ist und zügiges Arbeiten ermöglicht.
Hat die Architektur Ihrer Meinung nach dazu beigetragen, die Marke zu stärken?
Nach außen hin kann ich das nicht beurteilen. Aber wenn man den Campus betritt, ist das Laces schon sehr beeindruckend. Man sieht, dass es keine normale Architektur ist. Und man merkt, dass man nicht bei einem mittelständischen Betrieb, sondern bei einem Weltkonzern arbeitet, der Mitarbeiter aus vielen Nationen beschäftigt.
Wo verbringen Sie Ihre Pause?
Wenn es die Zeit erlaubt, in der Kantine. Sonst hole ich mir einen Snack aus dem Laces-Restaurant „Time Out“. Außerdem nutze ich den Campus sehr gerne.