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Baukunst für die Ohren

Aufwendig war der Bau solcher Häuser schon immer. Damals, im 17. Jahrhundert, als die ersten Opern geschrieben und entsprechende Aufführungssäle benötigt wurden, sollten die Gebäude der Sensation des neuen Musikerlebnisses und dem hochrangigen Publikum gerecht werden.

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Die bis unter die Decke in Logen unterteilte La Fenice in Venedig, der rot-goldene Saal des Bolschoi in Moskau oder die herrschaftlichen Treppen der Staatsoper in Wien sollten das Bedürfnis der Besucher nach gesellschaftlicher Repräsentation stillen.

Der Bau einer Oper ist bis heute eine der anspruchvollsten Aufgaben eines Architekten. Allerdings wird mittlerweile nicht mehr versucht, eine Gesellschaftsschicht zu repräsentieren, sondern die Akustik und das Design in den Mittelpunkt zu rücken. Jüngstes Beispiel ist das Heydar Aliyev Center in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Das von der britischen Stararchitektin Zaha Hadid entworfene Kulturzentrum am Kaspischen Meer ist ein geschwungener Komplex, dessen Räume ineinanderfließen. Um die Plastizität des Entwurfs zu ermöglichen, wurden glasfaserverstärkte Beton- und Kunststoffplatten für die Verkleidung gewählt. Es beinhaltet öffentliche Einrichtungen der Stadt, etwa das Nationalmuseum, eine Bibliothek sowie Konzert- und Konferenzsäle.

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Mit seinem Äußeren beeindruckt auch das 2005 eröffnete Palau de les Arts Reina Sofia in Spanien. Es ist Teil eines größeren Komplexes und birgt eine Opernbühne und einen Sinfoniekonzertsaal unter einem gebogenen Dach in funkelndem Weiß. Die Dimensionen sind überwältigend: Das Gebäude, dessen Form mit dem Helm eines Kriegers vergleichbar ist, nimmt eine Fläche von 37.000 Quadratmetern und eine Höhe von 70 Metern ein. Die zwei Stahlschalen, die das Dach bilden, wiegen über 3000 Tonnen. Eine Art Feder, die an nur zwei Punkten befestigt ist, schwebt über dem Dach und verleiht dem Gebäude Leichtigkeit. Es ist umgeben von einem künstlichen See und nur über eine Brücke erreichbar.
Geradlinige, geometrische Formen findet man etwa im Hafen von Oslo am Den Norske Opera of Ballett. Es ist mit weißem Marmor verkleidet und hat ein begehbares Dach. Im Gebäudeinneren stellen Holz und Glas eine gelungene Komposition dar.
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Ein überraschendes Innenleben birgt das quaderförmige MUMUTH in Graz. Das 2009 eröffnete "Haus für Musik und Musiktheater" vom niederländischen Architekturbüro UNStudio dient als Ausbildungsstätte und Veranstaltungsort. Es verfügt über zwei Eingänge: einen für Studenten und Mitarbeiter und einen für Gäste. Für Aufsehen sorgt die lichtdurchlässige Fassade: Ihre Wirkung wird bei Nacht durch wechselnde Beleuchtung vergrößert. Die Hülle ermöglicht auch den Blick auf den Kern des Hauses – eine spiralförmige Betontreppe, die drei Geschoße verbindet.

Auf spektakuläre Entwürfe setzen Architekten nicht erst seit dem 21. Jahrhundert. Als Wegbereiter gilt der dänische Architekt Jørn Utzon, der in den 1950er-Jahren das Sydney Opera House, Australiens vermutlich umstrittenstes Gebäude, entworfen hat.
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Wegen der segelförmigen Dachform, für die er sich angeblich von Orangenschalen inspirieren ließ, erlangte das Bauwerk Weltruhm. Bis heute verleitet es Städte, sich ein ebenso berühmtes Wahrzeichen zu schaffen – wie jenes Projekt, das sich derzeit in Bau befindet: die Elbphilharmonie in Hamburg. 2016 soll der Konzertgigant nach neunjähriger Arbeit fertig werden. Der Vergleich zeigt: Eine lange Bauzeit ist bei Konzertsälen nicht selten. Die Oper in Sydney wurde erst nach 14 Jahren Bauzeit im Jahr 1973 fertiggestellt.
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"In erster Linie tragen die Geometrie und die Oberflächen dazu bei. Materialien nehmen Schall unterschiedlich auf und geben ihn wieder. Während Marmorplatten hervorragend reflektieren verursacht eine Holzvertäfelung neben Absorption auch Verwerfungen. Durch die Bauform kann man Schall so leiten, dass er ohne elektronische Verstärkung den Raum erfüllt.
Das Problem ist: Akustik ist vom Inhalt abhängig. Ein Sprecher benötigt andere Rahmenbedingungen als ein Orchester: Bei einer Rede geht es um Deutlichkeit und bei Musik ist wichtig, dass der Klang getragen wird und Töne verschmelzen können. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht. Aber wie im MUMUTH kann man die Akustik durch ein elektronisch steuerbares System ergänzen. Dadurch kann sie anlassgebunden adaptiert werden. Zudem lässt sich der Raumklang bis hin zu einem kathedralen Klang steigern."