Die Schatzsucher
Von Ankica Nikolić
Hallenähnliche Räume, imposante Stiegenaufgänge, eleganter Stuck und altes Gemäuer – die Räumlichkeiten des Wiener Auktionshauses Dorotheum präsentieren sich durch und durch stilvoll. Die Vergangenheit der Räume steht in gewisser Weise auch im Kontext zum Tagesgeschäft. Denn die Schätze und Exponate, die in dem neoklassizistischen Baujuwel Jahr für Jahr versteigert werden, haben vorzugsweise alle ebenfalls einen beachtlichen historischen Lebenslauf vorzuweisen.
Unter den Hammer kommt ein interessantes Objekt-Poutpourri.
Feilgeboten werden Objekte der Moderne und zeitgenössischen Kunst, Kunst des 19. Jahrhunderts, Silber, Glas und Porzellan, Juwelen, Uhren, Jugendstil, Möbel, Skulpturen, Meisterzeichnungen sowie die Alten Meister. In Wien kümmern sich drei Experten darum, dass die richtigen Möbel in Auktionen gelangen. Ulrich Prinz ist einer davon. Der gelernte Tischler und Restaurator widmet sich seit über 35 Jahren Möbeln, vor Kurzem feierte er sein 20-jähriges Dorotheum-Jubiläum: "Ich gehöre zu den wenigen im Haus, die noch eine Effekten-Schätzmeisterprüfung abgelegt haben. Diese findet ihren Ursprung in der Pfandleihe. Heute würde man zu Effekten Hardware sagen. In meinen Anfängen gab es noch eine Schätzmeister-Struktur, die das Pfandwesen und die Auktionen betrieben haben. Die sogenannten Generalisten, die alles geschätzt haben." Heute wird dieses System im Auktionsalltag nicht mehr gelebt. Generalisten gibt es fast keine mehr. Man setzt auf Experten mit Fachwissen. Insgesamt verfügt das Dorotheum in Wien über drei im Bereich Möbel und dekorative Kunst sowie jeweils einen für Orientteppiche, Textilien, Tapisserien und Design.
Im Palais Dorotheum finden jährlich bis zu vier Katalogauktionen statt.
„Unsere Hauptaufgabe liegt darin, zu filtern und zu entsorgen. Manchmal ist das auch ein Drahtseilakt ohne Netz, denn jede Expertise ist öffentlich und jeder Experte haftet dafür.“
Ulrich Prinz, Experte für Möbel und Interieur
Die Suche nach den wahren Schätzen führt den Möbelexperten Ulrich Prinz und seine Kollegen rund um den Globus, die einzelnen Stationen könnten dabei nicht unterschiedlicher sein. An einem Tag wird ein Lagerraum in Wien Favoriten inspiziert, drei Tage später wird ein Schloss in England besichtigt. "Wir beziehen unsere Ware vorwiegend aus Verlassenschaften. Der entscheidende Unterschied ist, dass wir Kommissionäre sind und keine eigene Ware kaufen", erklärt Prinz. Das Dorotheum ist am Meistbot prozentuell beteiligt.
Die Möbelexperten erstellen Vermarktungsangebote und keine Schätzungen.
„Das gesamte Prozedere rund um die Objekte – von der Suche, Bewertung bis zur Dokumentation – dauert in etwa ein halbes Jahr.“
Ajda Künli, Leiterin Abteilung Möbel, Dekorative Kunst, Teppiche und Design
Gut erhaltene Originale erzielen Redkorsummen.
Den höchsten Verkauf erzielte er mit einer klassizistischen Kommode, die um 250.000 Euro den Besitzer wechselte. Doch schon bald könnte diese Summe überboten werden. Denn seit Kurzem hat Ulrich Prinz ein ganz besonderes Stück in petto. Ein Röntgensekretär, der bis vor Kurzem noch in einem deutschen Museum als Leihgabe stand. Das kostbare Stück hat Seltenheitswert und stammt vom deutschen Ebenisten (Kunsttischler) David Röntgen (1743–1807), der eine Manufaktur in Paris besaß und vorwiegend für Königin Marie-Antoinette arbeitete. Röntgen ist auch die Erfindung der Geheimfächer zu verdanken.
Eine Auktion ist immer auch eine sehr emotionale Sache – für Käufer und Verkäufer", erklärt Ajda Künli. "Der Verkäufer verbindet mit jedem Stück eine ganz persönliche Geschichte und der Käufer, etwa ein Sammler, hat ebenfalls einen sehr speziellen Bezug – denn er will dieses eine Stück unbedingt haben. Diese positive Aufregung spüre ich selbst nach sieben Jahren noch bei jeder Auktion."
Daily auctions finden im Dorotheum derzeit wöchentlich statt. Die Exponate sind im Palais in der Dorotheergasse ausgestellt und online ersichtlich. Die nächste Auktionswoche (Alte Meister, Gemälde des 19. Jhd., Möbel & Dekorative Kunst, Glas, Porzellan, Antiquitäten) findet Mitte/Ende Oktober statt. Weitere Informationen sowie Termine finden Sie unter: www.dorotheum.com