Die Glücksformel
Von Claudia Elmer
Blumentröge bis zum zwölften Stock, uneinsehbare Balkone, ein grüner Park, Freizeiträume und Dachschwimmbäder in 70 Meter Höhe: Während viele Wohnparks aus den siebziger Jahren ein tristes Dasein fristen, verbucht Alt Erlaa in Hinblick auf Lebensqualität und Wohnzufriedenheit bis heute Höchstnoten. Die drei 400 Meter langen Blöcke beherbergen 3100 Wohnungen, fertiggestellt zwischen 1976 und 1985. Sie sind das wichtigste Werk Harry Glücks und markieren eine neue Dimension des urbanen Wohnens – auch wenn die Betonriesen, Heimat für rund 10.000 Menschen, bis heute polarisieren wie kein anderes Gebäude.
Diesem Umstand widmet sich ein neuer Bildband, erschienen im müry salzmann Verlag. Autor Reinhard Seiß untersucht das in mehr als fünf Jahrzehnten entstandene Werk Harry Glücks. Gemeinsam mit elf Autoren – darunter Architekten, Wohnbauexperten, Soziologen und auch Ethnologen – geht Seiß der Frage nach, wodurch sich Glücks Wohnbauten auszeichnen und wie es ihm gelingt, eine so hohe Wohnzufriedenheit im sozialen Wohnbau zu schaffen. Dass die Mieter seiner Häuser ihre Freizeit in Schwimmbädern auf dem Dach verbringen können, wie man auch auf dem Cover des Buches sehen kann, zählt zu einem der größten Vorzüge.Der Park im Süden von Wien war bei Weitem nicht der einzige. Der Wiener plante Dutzende weitere Anlagen – etwa den Heinz-Nittel-Hof in Floridsdorf oder die Reihenhäuser in der Großfeldsiedlung. 18.000 Wohnungen soll der "Doyen des sozialen Wohnbaus" insgesamt errichtet haben.
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Vor Kurzem feierte er nun seinen 90. Geburtstag und bekam das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien von Planungsstadträtin Maria Vassilakou verliehen. "Harry Glück ist einer der prägendsten Architekten der vergangenen Jahrzehnte", sagte sie bei der Verleihung. Seine Bauten würden als Vorbild dienen "denn diese zeichnet neben vielen anderen Aspekten vor allem eines aus: Glücks Wohnungen stehen für hohe Lebensqualität und eine hohe Zufriedenheit der Bewohner." Er selbst sei ebenso zufrieden, resümierte der 90-Jährige. Es gebe keine Bauaufgabe, die er ernsthaft vermisse. Aufhören will er trotzdem noch nicht: Seine Wohnbauten in der Altmannsdorfer Straße und am Altmannsdorfer Dreieck sollen 2017 den Bewohnern übergeben werden.
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Reinhard Seiß: „Harry Glück.Wohnbauten“. Mit Fotografien von Hertha Hurnaus und Interviews mit Friedrich Achleitner und Harry Glück.
müry salzmann Verlag, € 48,–
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