Der berühmte Lehrer und sein Schüler
Von Cordula Puchwein
Wie hat einer der berühmtesten Architekten des 20. Jahrhunderts eigentlich selbst gewohnt? Das barocke Bürgerhaus im mährischen Brtnice, in dem Josef Hoffmann im Dezember 1870 zur Welt kam, gibt eine Idee davon. Der Wegbereiter der Moderne hat sein Elternhaus, als er längst in Wien Karriere gemacht hatte, vor allem die Sommer über genutzt. Er liebte das gemütliche Stadthaus und benutzte es als vielseitiger Gestalter, der er war, auch als eine Art Versuchslabor. „Nach dem Tod seiner Eltern 1907 richtete er das barocke Geburtshaus am Stadtplatz als Sommersitz für sich und seine Schwestern neu ein.
Hoffmanns Neugestaltung war ein Rearrangement des vorhandenen spätbiedermeierlichen Hausrats, verbunden mit Wanddekorationen in Schablonentechnik und Holzdekor sowie Möbeln nach eigenen Entwürfen für die Wiener Werkstätte. Das Elternhaus diente ihm tatsächlich auch als Exerzierfeld für neue Gestaltungsideen“, erläutert Rainald Franz, Kustode der Sammlung Glas und Keramik im MAK und verantwortlich für die exzellenten Sommerausstellungen in der Dependance Brtnice. Denn das Haus, das Hoffmann durch Enteignung 1945 verloren und danach nie wieder besucht hat, wird seit 2006 als gemeinsame Expositur der Mährischen Galerie Brno und des MAK als Museum geführt. Wechselnde Sommerausstellungen folgen dem Leitgedanken des Dialogs, so auch die aktuelle Schau, die sich dem Verhältnis Josef Hoffmanns zu seinem Lehrer Otto Wagner widmet. Dessen Todestag jährt sich 2018 zum hundertsten Mal.
Vergleich der Genies
Hoffmann erwähnt auch, dass Wagner „durch seine ganz enormen technischen Kenntnisse auf die wichtigsten Elemente des Bauens immer wieder aufmerksam zu machen wusste.“ Zweifellos war Hoffmann neben Olbrich ein Lieblingsschüler Wagners. Dieser verstand es, seine Schüler zu fordern und zu fördern und damit zu echten Kapazitäten ihres Faches heranzubilden. „Dabei legte er großen Wert auf zeichnerische Präzision, die er auch bei seinen Schülern einforderte. Der Einfluss des Lehrers auf den jungen Hoffmann ist in dessen Frühwerk noch deutlich spürbar“, sagt Rainald Franz. Hoffmann wiederum beschrieb das Wirken seines Lehrers 1909 so: „Wagner gibt den puren Formalismus auf, das heißt er denkt seine Bauten nicht als Zusammensetzung von hergebrachten Formen, sondern versucht, vorerst die Konstruktion und den Zweck des Bauwerks durch die üblichen Ausdrucksmittel zu erklären, das heißt zu kristallisieren.“
Entwicklung der eigenen Stilrichtung
Zur Ausstellung
Anreise von Wien: Donauuferautobahn A22/E49/E59 bis Hollabrunn, auf B303 bis Kleinhaugsdorf– Grenze – 38/E59 über Znojmo nach Moravske Budejovice > bis Stonarov > 402, nach ca. 3 km > 403, 4 km bis Ortsmitte von Brtnice. Fahrzeit: ca. 2,5 Std. www.mak.at