Heidi Rohrmoser hat ein kleines Atelier mitten in Kremsmünster und bemalt noch heute Christbaumkugeln aus von Hand.
Absolute Stille, nur ab und zu hört man, wie die Pinsel an den Wasserschalen leise abgestreift werden. Die Malerinnen Jane, Irmgard, Gabriele und Roswitha sind hoch konzentriert. Jeder Strich sitzt und jede von ihnen bemalt unterschiedliche Formen mit verschiedenen Motiven. Auf einer Werkbank kontrolliert Chefin Heidi Rohrmoser gerade die Bestellungen für den nächsten Versand: "Die hektische Zeit ist mit Ende November vorbei, aber eigentlich produzieren wir das ganze Jahr über Kugeln."
Bereits seit 30 Jahren werden in diesem Atelier Christbaumkugeln gefertigt.
Mit ihrem kleinen Atelier in Kremsmünster zählt sie in Österreich zu den wenigen, die heute noch Christbaumkugeln aus Glas von Hand bemalen. Im nächsten Jahr feiert der Betrieb dreißigjähriges Jubiläum. Heidi Rohrmosers Schwiegermutter hat diesen 1985 gegründet. Sie selbst hat damals schon mitgearbeitet. "Gemeinsam mit Roswitha waren wir nur zu dritt und konnten kaum nachkommen, alle Aufträge abzuarbeiten. Im Jahr 1997 habe ich dann die Werkstatt übernommen. Wir sind damals auch mit dem Atelier ins Haus gegenüber umgezogen und haben seitdem auch einen Schauraum", beschreibt sie. Es gab Zeiten, wo rund 15 Mitarbeiter beschäftigt waren. Doch durch die zahlreichen Billig-Importe aus dem Ausland ist es gerade für kleine Kunsthandwerksbetriebe immer schwieriger geworden, zu überleben. Heute, erzählt uns Heidi Rohrmoser beim Rundgang durch das Atelier, beschäftigt sie nur noch vier Mitarbeiter und sie selbst packt auch an.
Verwendet werden ausschließlich mundgeblasene Glasrohlinge.
Die Rohlinge werden vorwiegend in Glashütten aus Ungarn und Tschechien bestellt. Die Qualitätsansprüche sind hoch. Die Kugeln müssen bei einer Temperatur von über 1000 Grad angefertigt werden, dürfen keinen Grünstich aufweisen, nicht stärker als zwei Millimeter sein und müssen trotzdem robust sein. Die gängigsten Größen liegen zwischen vier und acht Zentimeter. "Unsere Kugeln werden aus der Röhre geblasen, sprich, der Glasmeister hat vorgefertigte Rohre, aus denen er das Glas abzwickt und ausbläst. "Die Modelle müssen auch etwas aushalten können. Unser Geschäft wird fast zur Gänze über den Versand abgewickelt, ich muss mir also sicher sein, dass die Stücke im Ganzen ankommen."
Mittlerweile werden die Kugeln in die ganze Welt verschickt, der weiteste Transportweg führt nach Amerika, zu einem Händler, der sich auf den Verkauf von österreichischen Christbaumkugeln spezialisiert hat.
Die Kugeln werden vor Ort zusätzlich mit Gold veredelt.
Bevor die Rohlinge bemalt werden, werden sie in der Werkstatt mithilfe eines Spezialofens mit dem typischen Rohrmoser Goldrand veredelt. Das flüssige Gold wird direkt an der Kugel angebracht und bei knapp 600 Grad eingebrannt. "Der Ofen heizt sich verzögert auf. Es dauert circa drei Stunden, bis er die entsprechende Betriebstemperatur erreicht hat, die er dann für zwei Stunden halten kann. Durch den aufwendigen Aufheizvorgang können wir ihn allerdings nur ein Mal pro Tag benutzen", sagt Rohrmoser.
Wasserlösliche Acrylfarben werden von Hand aufgetragen.
Den grössten Teil des Sortiments bilden Kugeln mit etwa sechzig Prozent. Die restlichen vierzig verteilen sich auf Glocken, Tropfen, Zapfen, Sterne und Taler, wobei Letztere zu einer besonderen Spezialität des Hauses zählen. Neben der klassischen Glasware bietet Heidi Rohrmoser auch gefärbte Varianten in Rot, Blau, Grün, Honig und geeistem Blau sowie mit speziellen Farblacken an. Bemalt werden die Kugeln mit wasserlöslichen Acrylfarben mithilfe von Pinseln und kleinen Schwämmen. "Wir fertigen heute noch in unserem Atelier Kugeln mit der alten Goldlüster-Technik an. Dazu wird eine Spezialfarbe mit flüssigen Goldpartikeln verwendet, die man mit einem Pinsel aufträgt und danach im Ofen zwei Mal brennen muss. Dadurch entsteht ein sehr schönes, mehrfarbiges Farbspektrum", sagt Rohrmoser.
Jedes Jahr entstehen neue Winterlandschaften, Bilder und Figuren. Vorgezeichnet wird hier allerdings nicht. Neue Muster werden direkt auf den Kugeln ausprobiert, da man nur so die Rundungen und Proportionen berücksichtigen kann. Sehr oft wird Heidi Rohrmoser mit Vorurteilen konfrontiert. "Viele denken, dass die Zeichnungen auf den Kugeln mit Computern gemacht worden sind, oder sie empfinden die Preise als zu hoch. Viele vergessen dabei aber, wie viel Arbeit hinter diesem Kunsthandwerk steckt." Das Atelier fertigt auf Wunsch auch individuelle Motive an: "Das außergewöhnlichste Kugel-Set haben wir vor Jahren für einen reiselustigen Kunden angefertigt. Wir haben auf den Kugeln die Weltkarte aufgezeichnet und jeden Ort, den er jemals bereist hat, eingezeichnet", erzählt Heidi Rohrmoser.
Qualitätsmerkmale einer Rohrmoser-Kugel: Der Buchstabe "R" und ein Kürzel der Malerin.
Hochwertige Kugeln erkennt man an verschiedenen Merkmalen. So werden handbemalte Modelle immer signiert: "Bei uns ist es etwa der Buchstabe R sowie ein Kürzel der jeweiligen Malerin. Goldverzierungen verraten auch einiges. Denn bei schlechten Produkten ist die Farbe nicht deckend, sondern durchsichtig, weil das Gold meist verdünnt wird, oder es verfärbt sich sogar", sagt Rohrmoser. Die Aufhängung wird bei hochwertigen Produkten meist mitbedacht. Bei Rohrmoserkugeln wird diese in der Glaserei mitgeformt. "Das hat auch einen praktischen Zweck, denn die Öffnung sorgt dafür, dass während des Brennvorgangs Luft entweichen kann und die Kugeln nicht platzen." Entdeckt man beim Glasbehang am unteren Ende einen kleinen Spitz, dann ist das auch ein Indiz für eine maschinelle Fertigung.
Handbemalter Christbaumschmuck ist auch eine wundervolle Tradition. Es ist etwas ganz Besonderes. Im Schönsten aller Fälle wird dieser innerhalb der Familie immer wieder weiter gereicht und vererbt. Die Geschichten, die dadurch rund um die wundervollen Kugeln entstehen, machen dieses Kunsthandwerk auch im 21. Jahrhundert nach wie vor zu besonders wertvollen Stücken.