Exakt 165.000 Besucher stürmten in fünf Tagen das Gelände des Royal Hospital in London: Die Chelsea Flower Show, die berühmteste und größte Blumenausstellung der Welt, stand heuer im Zeichen des 90. Geburtstags der Queen. Ein Besuch bei den botanikverliebten Inselbewohnern an der Themse.
Wenn dem Engländer neben Schwarztee, Scones und Clotted Cream noch etwas heilig ist, dann ist es wohl der Garten. Diese Verbundenheit zur domestizierten Natur findet bei der alljährlichen Chelsea Flower Show ihren Höhepunkt – ein Schaulaufen der talentiertesten Gartendesigner und Floristen des Landes.
Traditionell wird die Schau von Queen Elizabeth II. eröffnet, was die gesellschaftliche Bedeutung dieses Events unterstreicht. Und wohl ein Mitgrund dafür ist, dass Besucher aus aller Herren Länder, Jung und Alt, jedes Jahr im Mai auf das 4,5 Hektar große Gelände strömen. Wie viele, ist genau festgelegt: An fünf Tagen konnten heuer 165.000 Gäste die Royal Hospital Road entlangschlendern – wobei der große Andrang stellenweise leichtes Unwohlsein provoziert. Erprobte Besucher wissen sich daher zu helfen: Sie tragen Feldstecher, um auch aus sicherer Entfernung einen Blick auf die Objekte zu erhaschen.
Das Event, das den Begriff der prestigeträchtigsten Blumenmesse der Welt prägt, findet seit 1913 im gleichnamigen Nobelbezirk Londons statt. Jahr für Jahr verwandelt sich das Grundstück des Royal Hospitals, ein Altersheim für Veteranen der British Army, in fantastische Showgärten und inspirierende Hideaways. Unzählige Verkaufsstände bieten zudem Gelegenheit, sein Portemonnaie zu erleichtern. Von der Rosenkugel über Knieschoner bis hin zu Samen und Blumenzwiebeln für das eigene grüne Reich ist alles erhältlich. Kommerz gehört eben inzwischen genauso dazu wie optischer und olfaktorischer Pomp.
Die sogenannten "Show Gardens", das zweite große Highlight, durften heuer von 17 ausgewählten Planern zu unterschiedlichen Themen gestaltet werden. Die Teilnahme ist keinesfalls für jeden möglich: Interessenten müssen sich rund ein Jahr im Voraus bei der Royal Horticultural Society anmelden, ein 20-seitiges Antragsformular ausfüllen und ein Entwurfskonzept einreichen. Zudemm muss die Finanzierung aus Eigenmitteln gesichert sein.
Die Jury konnte etwa der "Eccentrics Garden" begeistern, mit dem sich der Gartendesigner Diarmuid Gavin unter Beweis stellt. Kegelförmige Lorbeerbäume und Blumenkästen an der Fassade eines achteckigen Turms ändern im Viertelstundentakt ihre Position – und zeigen, wie britischer Humor funktioniert.
Zudem reihten sich viele andere Installationen unter die Gold- und Silbermedaillen-Gewinner. Etwa der "Telegraph Garden", in dem Andy Sturgeon die Elemente Wasser und Feuer mit geometrischen Bronze-Skulpturen und Natursteinwegen kombinierte.
Einfallsreiches Design war lieferten auch die beiden kleineren Kategorien "Fresh Gardens" und "Artisan Gardens" – einschließlich einer akustischen Variante, inspiriert von der berühmten britischen Schlagzeugerin Evelyn Glennie, die etwa schon mit der isländischen Sängerin Björk zusammen gearbeitet hat.
Außerdem sorgte Juliet Sargeant für Aufsehen, die heuer als erste afroamerikanische Gartendesignerin in der 103-jährigen Festival-Geschichte an den Start ging. Mit "Modern Slavery" thematisierte sie die noch immer existente Sklaverei in vielen Teilen der Welt. Eingangstüren weisen darauf hin, dass dies hinter verschlossenen Toren passiert. Das schwarze Zentrum soll an jene erinnern, die in Gefangenschaft gehalten und zu Arbeit gezwungen werden. Sergeant setzt damit nicht nur ein künstlerisches, sondern auch ein politisches Statement. Und liefert einen guten Grund, sich die kommende Flower Show schon jetzt im Kalender vorzumerken.
1804 von Sir Joseph Banks und John Wedgwood gegründet, ist dieRoyal Horticultural Society (RHS) heute die weltweit größte Wohltätigkeitsorganisation für Blumenkunst und gehobene Gartenkultur. Ziel der RHS ist es, durch Shows und Schaugärten, Forschung, Publikationen, Bibliotheken, Bildungs- und Community-Programme die Leidenschaft für Gartenarbeit zu wecken und Wissen zu vermitteln.
Höhepunkt der Aktivitäten ist dieChelsea Flower Show, die seit 1913 alljährlich Ende Mai Besucher aus aller Welt auf das Gelände desRoyal Hospitalnach London lockt. Die Tickets sind jedoch limitiert und üblicherweise schnell ausverkauft. Da vor Ort kein Verkauf stattfindet, können sie nur online bestellt werden. Dabei heißt es schnell sein: Weil die Eintrittskarten limitiert (heuer auf 165.000 Stück) und schnell ausverkauft sind, ist es ratsam, gleich nach Bekanntgabe des neuen Termins zu buchen.
Ein paar Schritte vom Schauplatz der „Chelsea Flower Show“ entfernt versteckt sich abseits des Trubels eine ruhige, grüne Oase. Der „Chelsea Physics Garden“ liegt von Touristen weitgehend unbeachtet hinter hohen Mauern, umgeben von alten Backsteinbauten. Nach dem Botanischen Garten Oxford ist diese Anlage die älteste botanische Ziehstätte Englands. DerPhysics Garden wurde 1673 mit dem Ziel gegründet, die medizinische Wirkung von Pflanzen zu studieren und zu archivieren. Auch heute noch werden rund 5000 verschiedene duftende, heilende, historische, nutz- und essbare Pflanzen kultiviert. Wie das schmeckt, kann unmittelbar vor Ort im Award-prämierten „Tangerine Dream Cafe“ verkostet werden.