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Bauen mit Kalkül

Gärtnerei, Fitness-Studio und Trachtenshop. Bürogebäude in Hamburg, Apartments in Kitzbühel und eine Villa in Klosterneuburg: Die Liste der von raumbau architekten realisierten Arbeiten ist ebenso lang wie vielfältig. Robert Blaschke, Gründer des Salzburger Büros, ist nicht nur Architekt sondern auch Bauträger und Immobilientreuhänder. Was geschieht, wenn diese Funktionen in einer Person verschmelzen, erklärt er im Interview.

Herr Blaschke, Sie verstehen sich als kreativer Architektur-Dienstleister. Was bedeutet Kreativität für Sie?
Es bedeutet einerseits, Dinge immer wieder neu zu hinterfragen. Kein Gebäude gleicht dem anderen. Topografie, Grundstück und das Budget das zur Verfügung steht sind jeweils so verschieden wie die Menschen, die dahinterstehen. Die Anforderung bleibt jedoch immer gleich und lautet ,Ich will ein Gebäude‘. Kreativität bedeutet außerdem, keine Massenproduktion zu betreiben. Ein Bauwerk von Zaha Hadid oder Frank Gehry wird man immer erkennen. Auch wenn ich kein Problem hätte, so erfolgreich zu sein wie die beiden – mir würde schnell langweilig werden, wenn ich mich ständig selbst kopiere.

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Es gibt also keinen gestalterischen roten Faden bei Raumbau-Architekten?
Ich glaube nicht, dass bei uns so etwas wie eine Handschrift erkennbar ist. Mir ist wichtig auf die jeweiligen Voraussetzungen – egal ob alpiner oder urbaner Raum, Wellnesshotel oder Einfamilienhaus – angemessen zu reagieren. Im Zentrum steht der Kunde und da kann ich nicht sagen: Das ist meine Handschrift und die will ich um jeden Preis umsetzen.

Sie errichten Wohnbauten, gestalten Geschäfte und bauen Privathäuser. Gibt es einen Schwerpunkt in einem der Bereiche?
Wir machen Innenarchitektur, Wohn- und Ladenbau, Hotellerie und Privathäuser. Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Entwicklung von Projekten. Ich bin nicht nur Architekt sondern auch konzessionierter Bauträger und Immobilientreuhänder. Wie kam es zu dieser Doppelfunktion?Bauträger sind zahlen- und gewinnorientiert, Architekten nur die kreativen Spinner, die schöne Gebäude bauen wollten. Das interessiert den Bauträger wiederum nicht und so gibt es immer wieder Reibungspunkte. Ich habe einen Weg gesucht, beide Interessen zu verbinden und die Meisterprüfung für Immobilientreuhänder gemacht. Heute arbeiten wir sowohl für Bauträger als auch für Privatanleger, die ihr Geld investieren möchte. Wir machen keinen sozialen, sondern mittelständischen Wohnbau und haben dieses Feld stark ausgebaut. Das hebt uns von anderen Büros ab, es gibt kaum jemanden , der das sonst tut.

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Was bedeutet das für die Praxis?
Unsere Projekte beginnen von der rechnerischen Seite. Wir bewerten die Lage des Grundstücks und schätzen die Zielgruppe ein. Somit ergibt sich eine klare Situation, was Kosten und die Richtung der Planung betrifft. Das ist ein riesiger Vorteil für unsere Auftraggeber, weil es keine Diskussion gibt, ob wir den Kostenrahmen um 10 Prozent überziehen. Denn das darf einfach nicht passieren.

Welchen Vorteile bringt das für Sie?
Eine höhere Akzeptanz in der Gruppe der Bauträger und Investoren und meinerseits mehr Verständnis für Zahlenspiele. Für Bauträger ist es eine Katastrophe, wenn ein Architekt bei einem Rendite-Projekt seine Ideen ohne Rücksicht auf den Ertrag verwirklichen will. Bauträger machen ihren Job nicht aus Spaß – genauso wenig wie Architekten.

Worin besteht also Ihre Aufgabe?
Das Projekt summenmäßig zu entwickeln und mir in diesem wirtschaftlichen Umfeld jenen Spielraum zu verschaffen, den ich benötige, um schöne Gebäude entwerfen zu können. Ein Wohnbau wird nie eine private Villa sein. Soll er auch nicht, das wäre Themenverfehlung. Vor meiner Ausbildung haben wir die großartigsten Ideen für Büro- und Wohnbauten entwickelt – beim Investor sind wir damit allerdings auf völlige Fassungslosigkeit gestoßen. Wer sollte das bezahlen? Heute weiß ich, dass diese Dinge speziell im Wohnbau nicht gedankt werden. In der breiten Masse ist das Verständnis für Architektur in diesem Ausmaß nicht vorhanden.

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Um im Wohnbau zu bleiben: Womit ist gute Architektur letzten Endes verbunden?
Dass sich der Mieter oder Käufer in seiner Wohnung wohlfühlt und die Ansprüche der Zielgruppe soweit wie möglich erfüllt werden. Das hat nichts damit zu tun, ob ich die Handläufe im Stiegenhaus aus Massivmessing mache. Das ist dem Bauträger egal und dem Benutzer der Wohnung noch mehr. Letzterem ist wichtig, dass er eine Wohnung mit viel Freiraum hat. Gute Architektur im Wohnbau definiert sich nicht über optische Merkmale sondern durch ihre Funktionalität. Das ist ein wesentlicher Punkt. Wenn eine Wohnung Flexibilität aufweist und vom Grundriss her so konzipiert ist, dass man noch Platz für ein Kind schaffen kann, dann ist es gute Architektur.

Welche Fehler werden Ihrer Ansicht nach im Wohnbau häufig gemacht?
Oft passiert es, dass Freibereiche nur auf dem Papier eingezeichnet, aber nicht nutzbar sind. Wenn eine Terrasse oder ein Balkon nur 80 cm breit aber 5 Meter lang ist, kann man dort nicht mal einen Esstisch aufstellen. Das sind Dinge, die wir berücksichtigen und versuchen, in unserem Budget unterzubringen. Wenn ich eine Terrasse oder einen Balkon anbiete, dann muss die Fläche so sein, dass man einen Tisch unterbringt an dem vier bis sechs Leute bequem sitzen können.

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Sie entwerfen nicht nur für Bauträger, sondern auch für private Auftraggeber. Wie wichtig ist die Beziehung zu Bauherren?
Es gibt nichts intimeres als für einen anfangs fremden Menschen ein privates Umfeld zu planen. Der Bauherr leistet dabei so etwas wie einen Offenbarungseid. Wenn er sich nicht öffnet, wird er nie das Haus bekommen das er sich wünscht. Fehlt es an Vertrauen und gegenseitigem Verstehen, muss man fairerweise sagen, dass wir nicht die richtigen Partner sind. Aber auch wenn der finanzielle Rahmen und die Anforderungen nicht vereinbar sind, können wir den Auftrag nicht annehmen.

Wohnung oder Haus – wie wohnen Sie?
Noch in einem Dachgeschoß-Loft, aber ich versuche seit fünf Jahren unser Grundstück zu bebauen. Bislang war einfach keine Zeit dafür, nun ist aber die Geduld meiner Frau zu Ende und wir werden nächstes Jahr starten. Wie das Haus aussehen wird, weiß ich noch nicht. Aber es wird sicher sehr zeitlos, reduziert und dennoch gemütlich und wohnlich.

Ihr Geheimnis für Gemütlichkeit?
Ein Sammelsurium an Dingen, die man im Lauf des Lebens auf Flohmärkten oder Reisen findet und zu denen eine Beziehung besteht. Für mich persönlich kommt ein durchdesigntes Interieur nicht infrage. Das Innere eines Hauses oder einer Wohnung sollte mit den Bewohnern mitwachsen können.

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1999 gründete Robert Blaschke sein erstes Architekturbüro, 2005 erfolgte die Umbenennung in „raumbau architekten ziviltechniker gmbh“ mit Sitz in Salzburg.
2010 absolvierte er die Meisterprüfung für Bauträger und Immobilienmakler. Er arbeitet in den Bereichen Wohn- und Gewerbebau, Privathäuser und Innenarchitektur.

www.raumbauarchitekten.at