Wie Österreich seit 150 Jahren die Arktis erforscht
Österreich als Hotspot der Polarforschung, das ist kein Gedanke, der sich aufdrängt. Und doch übte der hohe Norden bereits vor 150 Jahren eine so große Faszination auf gewisse Kreise hierzulande aus, dass im Juli 1872 sogar eine eigene Forschungsgruppe auf die Suche nach der Nordostpassage geschickt wurde.
Diese wurde zwar nicht gefunden, stattdessen jedoch am 30. November 1873 eine Inselgruppe am 80. Breitengrad entdeckt, die von den Expeditionsleitern Julius Payer und Carl Weyprecht dem Kaiser zu Ehren Franz-Josef-Land getauft wurde (siehe Infobox unten).
150 Jahre später blickt die Elite der Polarforschung wieder nach Österreich, findet doch bis Freitag an der Universität Wien die weltgrößte Fachtagung, die „Arctic Science Summit Week“, statt.
Aufbruch
Im Juli 1872 verließen Payer und Weyprecht mit ihrer 24-köpfigen Besatzung den Hafen von Tromsø in Norwegen.
Einbruch
Bereits Ende August blieb die Admiral Tegetthoff, ein Segelschiff mit Hilfsmotor, im Eis stecken und wurde in Folge von der Eisdrift nach Norden gedrückt. Am 30. 11. 1873 sahen sie endlich wieder Land: die Inselgruppe Franz-Josef-Land.
Durchbruch
Die Männer konnten sich erst nach zwei harten Wintern im August 1874 retten.
Das Motto des Symposiums könnte mit „Die Arktis im Anthropozän“ nicht aktueller gewählt sein, wird der hohe Norden doch vom menschengemachten Klimawandel vier Mal stärker getroffen als unsere gemäßigten Breiten. Um 0,75 Grad pro Jahrzehnt erwärmt sich die Region im Schnitt – mit weitreichenden Auswirkungen, auch auf uns.
Einfluss auf unser Klima
Die immer häufiger werdenden Extremwetterereignisse (Dürren, Stürme, Hochwasser etc.) hierzulande lassen sich nämlich unter anderem direkt auf den durch den Klimawandel abgeschwächten polaren Jetstream zurückführen. Und abgeschwächt wurde dieser durch das zunehmende Abschmelzen der polaren Eisschilde.
Dazu kommen Phänomene wie steigende Meeresspiegel oder auch die Freisetzung von CO2 und Methan durch tauende Permafrostböden, die sich wiederum direkt oder indirekt auf uns auswirken.
Daher sei auch Österreich gefordert, sich an der Erforschung dieser „Schlüsselprozesse des Klimawandels“ nicht nur zu beteiligen, sondern „sich in Zukunft noch viel stärker einzubringen, insbesondere auch auf politischer Ebene“, sagt Wolfgang Schöner, Geografie-Professor an der Uni Graz und Direktor des „Austrian Polar Research Institute“ (APRI), das die Tagung veranstaltet.
Forschungsstation in Bau
Der Forschungsverbund selbst geht dabei mit gutem Beispiel voran: Im August soll die erste permanente österreichische Polarstation in Sermilik auf Grönland eröffnet werden, die künftig bis zu 30 Forschenden gleichzeitig als Basis dienen soll.
Bei deren Finanzierung schließt sich der Kreis zu Peyer und Weyprecht, spielen doch in beiden Fällen Mäzene eine entscheidende Rolle.
Wurde die Expedition im 19. Jahrhundert vor allem von Graf Hans Wilczek finanziert, ist es heute Christian Palmers, der für die öffentliche Hand einspringt und Forschung vor Ort ermöglicht.