Mehr Mikroplastik in Ausscheidungen von Babys als von Erwachsenen
Mikroplastik bezeichnet Kunststoffpartikel, die kleiner als fünf Millimeter sind. Es gelangt in die Umwelt, wenn größere Kunststoffteile zerfallen, zerbrechen oder zerrieben werden. Diese Partikel werden inzwischen auch gezielt produziert – etwa für Kosmetika, Zahnpasta oder Babywindeln. Für Ökosysteme stellen die winzigen Kunststoffteilchen eine echte Bedrohung dar, da sie kaum abbaubar sind.
2018 konnte in einer Pilotstudie des Umweltbundesamts und der Medizinischen Universität Wien erstmals Mikroplastik im menschlichen Stuhl nachgewiesen werden. Bei allen acht Probandinnen und Probanden wurde Mikroplastik im Stuhl gefunden – im Mittel 20 Mikroplastik-Teilchen pro zehn Gramm Stuhl.
Mikroplastik im Kinderstuhl
In einer kleinen Studie haben Forschende der New York University School of Medicine nun herausgefunden, dass Säuglinge zehn- bis zwanzigmal höhere Konzentrationen an Mikroplastik in ihrem Stuhl aufweisen als Erwachsene, insbesondere was PET-Mikroplastik betrifft. PET (Polyethylenterephthalat) wird vor allem bei der Herstellung von Textilfasern, Wasserflaschen und Mobiltelefonhüllen verwendet.
"Die Exposition des Menschen gegenüber Mikroplastik ist gesundheitlich bedenklich", kommentiert Studienleiter Kurunthachalam Kannan von der Abteilung für Kinderheilkunde an der NYU Grossman School of Medicine die Untersuchung. "Wir müssen Anstrengungen unternehmen, um die Exposition von Kindern zu verringern. Kinderprodukte sollten frei von Kunststoffen sein."
Die Studie wurde in der Zeitschrift Environmental Science and Technology Letters der American Chemical Society veröffentlicht. Bei der Analyse der Fäkalien von sechs Säuglingen und zehn Erwachsenen sowie des ersten Stuhls von drei Neugeborenen untersuchten Kannan und sein Team die Exposition gegenüber zwei weit verbreiteten Mikroplastikarten – PET und Polycarbonat (PC). Jede Probe enthielt mindestens eine Art von Mikroplastik. Der Gehalt an PC-Mikroplastik war bei Erwachsenen und Säuglingen in etwa gleich hoch.
Beim Kauen und Krabbeln
"Wir waren überrascht, dass die Werte bei Säuglingen höher waren als bei Erwachsenen, haben dann aber versucht, die verschiedenen Quellen der Exposition bei Säuglingen zu verstehen", sagt Kannan. "Wir fanden heraus, dass das Mundverhalten von Säuglingen, wie das Krabbeln auf Teppichen und das Kauen auf Textilien, sowie verschiedene Produkte, die für Kinder verwendet werden, wie Beißringe, Plastikspielzeug, Saugflaschen, Utensilien wie Löffel, zu dieser Belastung beitragen können."
Die Frage, ob und in welchem Ausmaß Mikroplastik für den Menschen gefährlich ist, konnte aufgrund mangelnder Daten bislang noch nicht abschließend beantwortet werden.
Risiko-Erforschung
Schätzungen zufolge kann ein Mensch im Schnitt bis zu fünf Gramm Mikroplastik pro Woche aufnehmen. Ein Teil passiert das Verdauungssystem und wird ausgeschieden. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass einige Teile die Zellmembranen durchdringen und in die Blutbahn gelangen können.
"Eine Komponente, die in dieser Studie nicht berücksichtigt wird, ist die Akkumulation von Mikroplastik in den Organen", betont Scott Coffin, Wissenschafter der kalifornischen Wasserbehörde, der nicht an der Studie beteiligt war, im Interview mit dem Guardian. Dass das gesamte aufgenommene Mikroplastik wieder ausgeschieden werde, sei Coffin zufolge unwahrscheinlich.
Die globale Plastikproduktion ist seit den 1950er-Jahren rasant angewachsen und liegt aktuell bei über 400 Millionen Tonnen pro Jahr. Schätzungen zufolge gelangen zwei bis fünf Prozent des produzierten Plastiks ins Meer, wo der Abfall zerkleinert von Meerestieren aufgenommen wird und über die Nahrungskette in den Menschen gelangen kann. Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass Lebensmittel während der Verarbeitung oder durch die Verpackung mit Kunststoffen – und dadurch auch mit Mikroplastik – in Kontakt kommen.