Wissen/Wissenschaft

Heimische Archäologen erforschen, wie unsere Vorfahren ihren Ideenreichtum entwickelten

Wir schreiben etwa 100.000 Jahre vor unserer Zeit und wollen für einen Augenblick eine Gruppe Jäger und Sammler in ihre „Wohnung“ in der südafrikanischen Rose Cottage Cave auf 1.676 Meter Höhe begleiten. Nun ja, die Höhle ist eher ein Felsüberhang, aber gut geschützt, mit einem feinen Ausblick auf die nahe Wasserstelle, das üppige Grasland und die Tierwelt.

Das Klima meinte es gut mit Jägern und Wild. Man hat fortschrittliche Jagdwaffen und -strategien entwickelt. Die bisherigen Analysen der ältesten Funde – etwa ausgefeilte Speerspitzen und Steinwerkzeuge – sagen den Forschern: Hier war ein Homo sapiens mit komplexen kognitiven Fähigkeiten am Werk. Ähnlich denen des modernen Menschen. Und das ist nicht selbstverständlich.

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Das interessiert die Archäologen brennend. Sie wollen wissen, welche frühen technologischen Errungenschaften bereits steinzeitliche Menschen kannten. Erstmals sind österreichische Forscher in leitender Funktion bei einem derartigen Forschungsprojekt dabei: Archäologen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) untersuchen mit einem internationalen Team diese entscheidende Phase in der kulturellen Evolution des Menschen. In der eingangs angesprochenen Rose Cottage Cave hart an der Grenze zum Königreich Lesotho.

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Das südliche Afrika spielt eine wichtige Rolle in der Erforschung der Menschheitsgeschichte, vor allem bei der erfolgreichen globalen Ausbreitung des modernen Menschen. „Die ältesten Homo-Sapiens-Funde sind 300.000 Jahre alt, aber vor 100.000 Jahren tat sich in der Entwicklung des Menschen noch mal ganz viel“, berichtet die Grabungsleiterin Viola Schmid, die mit ihrem FWF-Projekt Zeit essentieller Veränderungen in der Menschheitsgeschichte dem Ideenreichtum der Steinzeitmenschen nachspürt.

Multitasking und flexibles Problemlösungsverhalten

„An einer Fundstelle in Südafrika wurde eine Muschel gefunden und Knochen, mit dem Ocker zu Pulver verarbeitet wurde.“ Diese früheren Ockerfunde weisen auf Oberflächenveränderungen hin. Bedeutet: Die frühen Handwerker färbten ihre Pasten nicht einfach nur rot, sondern beeinflussten ihr physikalisches Erscheinungsbild bewusst durch chemische Veränderungen. „Diese Leute beherrschten Multitasking, Planungstiefe, abstraktes Denken und flexibles Problemlösungsverhalten, wie wir das bei modernen Menschen – also bei uns – kennen“, erzählt die Archäologin, die der KURIER telefonisch erreichte, als sie gerade Lagerstätten aufsuchte, in denen unsere Vorfahren das Material für ihre Werkzeuge gesucht und gefunden haben.

Feste steht: Vor 100.000 Jahren tritt vermehrt neues Verhalten auf, regionale Jäger- und Sammlergruppen entwickeln unterschiedliche Kompetenzen. Funde zeigen, dass der Mensch neue Ideen testet und seine Verhalten komplexer wird.

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Vorläufig hat die Archäologin nur Vermutungen, warum es gerade zu dieser Zeit zu einem Schub in der kulturellen Evolution kam. Die Umwelt sei ein Kandidat: „Damals gab es global eine Warmzeit, auch die Gruppengrößen könnten eine Rolle spielen und wie gut die Gruppen miteinander vernetzt waren.“

Um die möglichen Auslösemechanismen zu identifizieren, will das österreichisch-südafrikanische Team drei Fundplätze  – Bushman Rock Shelter, Rose Cottage Cave und Sibhudu Cave – vergleichen.  Und den Wissenstransfer zwischen den Gruppen.

Im November startet die Grabung.