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Westworld: AI-Experte Robert Trappl über die neue US-Serie

Die letzte Revolution – die digitale – ist noch nicht verdaut, schon betritt Robert Trappl die Bühne und ruft uns entgegen: "Die nächste ist längst im Gange – und die wird eine Roboter-Revolution sein."

Die Bühne ist die des Stadtkinos in Wien, wo dieser Tage die neue TV-Serie "Westworld" präsentiert wurde (siehe Geschichte unten), und Trappls Forschungsgebiet betrifft die Künstliche Intelligenz (KI). Passt irgendwie, denn im Themenpark Westworld spielen reiche Besucher irgendwann in einer nahen Zukunft in hyperrealistischem Setting Wilder Westen. Sie werden von "Gastgebern" – lebensechten und intelligenten Roboter-Animateuren – empfangen, dürfen mit ihnen in Abenteuer ziehen, sie erschießen, sie vergewaltigen. Die Roboter hingegen können die menschlichen Gäste nicht verletzen.

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Hinter den Kulissen wacht eine riesige menschliche Belegschaft über der Gäste. Hier intrigieren Geldgeber, Sicherheitsleute, Wissenschaftler, Ingenieure und der undurchsichtige Schöpfer des Parks, gespielt von Anthony Hopkins. Fragt man Trappl, ob ein Szenario wie in Westworld vorstellbar ist, antwortet der Experte für KI: "Was Geld bringt und nicht gegen Gesetze verstößt, wird auch gemacht." Eines könne er sich aber nicht vorstellen: "Dass täglich Roboter zertrümmert werden und alles ständig repariert wird – das kostet Millionen."

Kosten hin, Geld her: Trappl ist überzeugt, dass "wir schon bald viel mehr mit Robotern zu tun haben werden – ob sie jetzt menschenähnlich sind oder nicht. Wir werden interagieren. Die Frage ist nun: Wie kann ich ein Abbild einer Persönlichkeit schaffen, damit der Umgang mit Robotern für den Menschen angenehm und befriedigend ist." Denn Betreuungsroboter für ältere Leute werden gebraucht und müssen Partner-Eigenschaften haben.

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Auch die Serien "Westworld" warnt nicht mehr vor der Technologie, vor menschlicher Hybris; sie fragt, wie man mit Technologie lebt, wenn sie nun einmal da ist, was für eine Moralität in einer virtuellen Welt erforderlich ist. "Man wird solch komplexen Robotern Rechte zusprechen müssen", sagt Trappl. "Nicht umsonst hat das Europäische Parlament erst vor zwei Wochen eine 24-Seiten lange Empfehlung verabschiedet, in der dafür plädiert wird. Denken Sie nur an einen intelligenten und emotionalen Roboter, der schon lange läuft. Wenn er abgedreht wird, geht sicher Erfahrung verloren. Da ist die Frage, ob man das ohne Weiteres machen soll."

So weit ist es aber noch lange nicht. Noch schlagen sich Roboterforscher mit dem Paradoxon der künstlichen Intelligenz herum. Heißt: Das, was Menschen mitunter schwerfällt – zum Beispiel Mathematik, Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung– können Computer einfach besser. Was für uns Menschen dagegen ganz leicht und selbstverständlich ist, lässt sich kaum nachbauen. So versuchen Wissenschaftler seit Jahren eine künstliche Hand zu schaffen, scheitern allerdings an der Vielzahl menschlicher Fähigkeiten von Streicheln und Nähen bis zu Stinkefinger oder Faustschlag.

Gesucht: Emotionen

Auch die Gefühlswelt der Computer bleibt vorerst Theorie. Roboter können in Ansätzen Emotionen erkennen und zuordnen. Ängste, Affekte, Stimmungen? Fehlanzeige! Sie müssten ebenfalls in eine KI-Maschine hineinsimuliert werden, sind allerdings wie es bisher scheint mit dem Null-Eins-Zustand einer Silikonzelle nicht kompatibel.

Für Cynthia Breazeal, Forscherin am MIT Media Lab, steht und fällt aber genau damit der Erfolg der Roboter. Die Spezialistin für Maschinensprache ist überzeugt davon, dass sich die KI erst dann in den Haushalten durchsetzen wird, wenn sie auf menschliche, emotionale Weise mit uns kommunizieren kann – durch Gesten, Töne, Bewegungen. Daher hat sie Jibo geschaffen, einen Kumpanen für Einsame, der zwar keinen Kaffee kochen, dafür mit seinem einen Auge zwinkern und zornig oder ratlos schauen kann. Obwohl Jibo auch Musik machen, den Terminkalender vorlesen und Familien-Konferenzen organisieren kann, ist er bisher kein großer Erfolg. Der Zukunftreport 2017 hat eine Erklärung dafür: Die Humanisierung von Roboter-Interfaces werde sich als Sackgasse herausstellen, weil wir menschenähnlichen Kunstwesen gegenüber einen angeborenen Ekel-Reflex haben. Wenn etwas wie ein Mensch aussieht, garantiert aber kein Mensch ist, erzeugt dies ein Gefühl von Angst und Bedrohung.

Apropos Angst

Die Befürchtung, dass uns Roboter in absehbarer Zeit unsere Jobs wegnehmen, hat der US-Wirtschaftsdienst Bloomberg unlängst relativiert. So berichtete man, dass Mercedes seine Industrie-Roboter wieder aus den Fabriken entfernt habe – nicht komplex genug, lautete das Urteil. Ein Unternehmenssprecher: "Roboter können einfach nicht mit dem Grad von Individualisiuerung mithalten. Wir sparen Geld und sichern unsere Zukunft, indem wir Menschen beschäftigen.". Die Produktionstransformation in Richtung Roboter ist also lange nicht so linear, wie oft und gerne dargestellt.

Zur Person: Robert Trappl, Experte für Künstliche Intelligenz

Was macht die menschliche Psyche aus und wie können Maschinen dem menschlichen Verhalten näher kommen? Damit setzt sich der Wiener Kybernetiker und Artificial-Intelligence-Pionier Robert Trappl, 78, seit Jahrzehnten auseinander. Er studierte Elektrotechnik, Psychologie, Astronomie und Soziologie. 1969 gründete Trappl die Österreichische Studiengesellschaft für Kybernetik, 1984 folgte das Österreichischen Forschungsinstitut für Artificial Intelligence (OFAI). Derzeit entsteht ein Handbuch zur Entwicklung ethischer Systeme für Roboter.