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Wenn Medizin begriffen wird

1000 rote Kügelchen sind in dem verschlossenen Glas, das Margit Fischer schüttelt: Doch wo ist das eine weiße? Knapp 1000 rote auf ein weißes: Das entspricht dem Verhältnis der Blutkörperchen. „Viele Patienten strahlen, wenn sie das weiße Kügelchen gefunden haben“, sagt Barbara Streicher, Geschäftsführerin des Vereins „ScienceCenter-Netzwerk“. Dieses Glas war eines von mehreren Materialien des Projektes „Medizin (be-)greifen“ des Vereins an der Tagesklinik der Klinischen Abteilung für Onkologie am AKH Wien / MedUni Wien.

Vom Röntgen-Puzzle, bei dem man Teile eines CT-Bildes zusammensetzt, bis zu einem „sprechenden Stift“, der – sobald er auf ein Bild eines Mitarbeiters der Tagesklinik gehalten wird – Näheres über den Tagesablauf der Personen erzählt: „Bei Krebspatienten gibt es einen großen Bedarf an Kommunikation und Information“, sagt Margit Fischer, Vorsitzende des Vereins ScienceCenter-Netzwerk und Initiatorin des Projektes. „Diese Materialien helfen, Wartezeiten positiv zu überbrücken und eine gute Atmosphäre zu schaffen.“

Die Patienten haben das Pilotprojekt gut aufgenommen: „Sie sind dadurch auch untereinander ins Gespräch gekommen“, so Streicher. „Noch ist in Österreich der Arzt die wichtigste Informationsquelle, dahinter kommt gleich das Internet“, sagt Univ.-Prof. Christoph Zielinski, Vorstand der Uni-Klinik für Innere Medizin I am AKH Wien / MedUni Wien. „In anderen Ländern hat sich das schon umgedreht.“ Das Problem sei nicht nur die ungefilterte, sondern auch die ungeordnete Information. Projekte wie „Medizin (be-)greifen“ hätten ein besseres Verständnis der Patienten für ihre Erkrankung und die Abläufe im Körper zum Ziel. „Gleichzeitig geht es um Verständnis für die Wahl von Diagnose- und Therapieverfahren.“ So gebe es Patienten, die unbedingt eine PET-Diagnostik
(bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin) möchten, weil sie gelesen hätten, „dass dieses Verfahren so gut ist“. Zielinski: „Hier ist es wichtig, Ordnung in den Informationsüberfluss zu bringen.“ Vielen bringe eine PET-Untersuchung nichts.

Keine Bedrohung

„Unser Ziel ist es, Angst durch Wissen zu ersetzen“, sagt Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe. „Wir betreuen immer wieder Menschen, die sagen, die Krebserkrankung würde ich ja überleben, aber sicher nicht die Chemo. Aufklärung – etwa über Möglichkeiten, die Nebenwirkungen zu reduzieren – hilft, diese Ängste zu nehmen und die Chemotherapie nicht als Bedrohung, sondern als wichtige Therapie zu sehen.“ „ Medizin (be-) greifen“ wurden von VAMED, Superfund und Krebshilfe unterstützt. Streicher: „Wir überlegen jetzt auch neue Einsatzmöglichkeiten – etwa in der Rehabilitation.“