Impfung gegen Malaria: Fortschritt nach 20 Jahren
Von Ernst Mauritz
Stolz zeigen Hesborn Abonyo, 29, und seine Frau Salome, 27, den Besuchern ihr selbst gebautes Haus aus Lehmziegeln in Westkenia. "Vor fünf Jahren starb meine Schwester im Alter von 29 Jahren an Malaria, ich selbst hatte sie im Vorjahr drei Mal, meine Frau vier Mal."
Die Eltern wissen: "Wenn eines unserer drei Kinder hohes Fieber bekommt, müssen wir rasch in das nächste Gesundheitszentrum, um ihnen die Antimalaria-Medikamente geben zu können."
Der heute fünfjährige James bekam aber noch etwas anderes: Er gehörte vor mehr als vier Jahren zu den ersten Kindern, die im Rahmen einer Studie einen Impfstoff der Firma GSK gegen Malaria erhielten. Nach 20 Jahren Entwicklung könnte er heuer zugelassen werden – Freitag wurden die Daten einer großen Studie mit mehr als 17.000 Kindern veröffentlicht: Je nach Alter waren zwischen 26 und 36 Prozent der geimpften Kinder über einen Zeitraum von zumindest vier Jahren geschützt. Die Veröffentlichung kam nicht zufällig gerade jetzt: Am Samstag, 25.4., soll der internationale Welt-Malariatag auf die Tropenkrankheit aufmerksam machen.
"Die Impfung kann Teil einer Lösung für Kinder unter fünf Jahren sein", sagte der Malariaforscher Kelly Chibale von der Universität in Cape Town, Südafrika, im Rahmen einer internationalen, von Novartis organisierten Journalistenreise nach Kenia: "Aber sie ist sicher nicht alleine die Lösung."
"Kein Allheilmittel"
"Es ist das erste Mal, dass ein Impfstoff eine gewisse Wirkung zeigt – so gesehen ist er ein wichtiger Baustein, aber sicher nicht das Allheilmittel", sagt auch Tropenmediziner Michael Ramharter von der MedUni Wien. "Ganz entscheidend für eine weitere Reduktion der weltweiten Malaria-Fälle bleiben verbesserte Diagnostik und Therapien."
Eines der aktuellen Hauptprobleme ist, dass die derzeitigen Antimalaria-Therapien über zumindest drei Tage eingenommen werden müssen. "Versorgungsengpässe, aber auch die rasche Linderung der Symptome führen dazu, dass die bis zu 24 Tabletten oft nicht vollzählig genommen werden – ähnlich wie bei uns die Antibiotika", so Ramharter.
Er hat eine internationale Studie mit einer neuen Substanz geleitet, bei der möglicherweise die Verabreichung einer einzigen Dosis ausreicht. "Die Patienten könnten diese dann direkt vor dem Arzt einnehmen."
Bei der Bekämpfung von Malaria konnten in den vergangenen Jahren Erfolge erzielt werden – der KURIER berichtete. "In Afrika wurden von lokalen Ärzten und Wissenschaftern viel Wissen für die Bekämpfung von Malaria aufgebaut", sagt Ramharter. "Afrika ist ein zukunftsträchtiger Kontinent – und dieses lokale Wissen ist der Grundstein für die Erfolge, die wir derzeit sehen. Aber gerade bei Malaria darf man nicht nachlassen – sonst können alle Erfolge innerhalb weniger Monate zunichte gemacht werden."
Experten aus aller Welt sind besorgt: In Südostasien breitet sich ein resistenter Malaria-Parasit aus, gegen den der am häufigsten genutzte Wirkstoff Artemisinin wirkungslos ist. „Sollten diese Resistenzen auch in Afrika auftreten, könnte das einen enormen Schaden bedeuten“, so der Wiener Tropenmediziner Ramharter: „Denn dort gib t es die meisten Malaria-Patienten und die wenigsten finanziellen Ressourcen.“
Das Unmögliche möglich machen
Einen Rückschlag in der Malaria-Bekämpfung gab es heuer in den Ebola-Gebieten in Westafrika. Laut einer neuen Studie könnte die Ebola-Epidemie bis zu 10.900 Malaria-Tote gefordert haben. Der Grund dafür seien die zusammengebrochenen Gesundheitssysteme in Guinea, Sierra Leone und Liberia.
Trotzdem überwiegt international vorsichtiger Optimismus: „Wir sind in der Malariabekämpfung an einem historischen Punkt angelangt“, sagt Prof. Zul Premji vom Universitätsspital in Nairobi: „Das Unmögliche – die komplette Auslöschung von Malaria – kann möglich werden. Mit neuen Medikamenten, die gerade entwickelt werden, einem Impfstoff, besseren Diagnoseverfahren, neuen, verbesserten Insektiziden. Aber noch ist es ein weiter Weg dorthin.“