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„Jeder Zweite wird gesund alt“

„Wir betreuen an unserer Ambulanz viele Krebspatienten, bei denen wir früher nicht mehr weitergewusst hätten“, erzählt Univ.-Prof. Gabriele Kornek, stv. Leiterin der Klinischen Abteilung für Onkologie, Uni-Klinik für Innere Medizin I am AKH Wien (Leitung: Univ.-Prof. Christoph Zielinski). „Heute können wir im Rahmen von Studien vielfach neue Behandlungsmöglichkeiten anbieten.“

Anlässlich des Welt-Krebs-Tages heute, Montag, verweisen Experten auf die Erfolge der vergangenen Jahre: „Unsere Daten zeigen, dass sowohl das Risiko einer Neuerkrankung als auch das Sterblichkeitsrisiko tendenziell zurückgehen“, heißt es bei der Statistik Austria:

Lebten 1985 ca. 40 Prozent der Krebspatienten länger als fünf Jahre, sind es derzeit bereits mehr als sechzig Prozent, betont Kornek.

Die Zahl der Sterbefälle ging in den vergangenen zehn Jahren bei den Männern um 15 Prozent, bei den Frauen um zwölf Prozent zurück. Bei einzelnen Krebsarten ist der Rückgang noch deutlich größer (siehe Grafik). „85 Prozent der Brustkrebspatientinnen können heute geheilt werden, wenn ihre Krankheit früh entdeckt wird“, betont Univ.-Prof. Günther Steger, Programmdirektor für Brustkrebs am Wiener AKH.

„Mehr als die Hälfte der Menschen mit einer Krebsdiagnose werde gesund alt“, so Univ.-Prof. Paul Sevelda, Präsident der Krebshilfe.

Therapieerfolge

Die Kombination von Chemotherapie mit Biotech-Medikamenten hat einen wesentlichen Anteil an den längeren Überlebenszeiten: Bis 2004 hatten am Wiener AKH Dickdarmpatienten mit Lebermetastasen ab der Diagnose eine Lebenszeit von durchschnittlich 19 Monaten. Seit 2004 werden zusätzlich zur Chemo auch spezielle Antikörper eingesetzt: Die Lebenszeit stieg dadurch auf 37 Monate – das ist noch mehr als alle internationalen Studiendaten bisher gezeigt haben (max. 33 Monate).

„Die Versorgung der Patienten mit den modernsten Therapien ist in Österreich sehr gut“, sagt der Hämatologe Univ.-Prof. Ulrich Jäger: „Bei uns bekommt jeder Patient alles, was er benötigt.“ Dabei werde die Therapie immer spezieller, weil die Erkrankung einzelner Patienten immer genauer charakterisiert werden kann: „1980 haben wir bei den Leukämien (Krebs der weißen Blutzellen, Anm.) acht Subtypen unterschieden, heute sind es 30.“

Besser könnte die Forschungsförderung sein. Jäger: „Deutschland hat sie in der Krise erhöht. Wir brauchen mehr Unterstützung für akademische Forschung. Denn wir sehen, dass sich immer weniger junge Leute um eine Stelle bei uns bewerben. Die gehen ins Ausland.“

Die Krebshilfe kämpft gegen falsche Mythen an

„Krebs ist eine reine Gesundheitsfrage.“ – „Krebs ist eine Erkrankung älterer Menschen.“ – Solche Aussagen seien Mythen, mit denen aufgeräumt werden müsse, sagt Univ.-Prof. Paul Sevelda, Präsident der Österreichische Krebshilfe: „Krebs ist keine reine Gesundheitsfrage. Fast immer hat die Erkrankung auch weitreichende wirtschaftliche und soziale Auswirkungen.“ Krebspatienten müssten besser geschützt werden, unverschuldet in finanzielle Not zu geraten. In Österreich sei der berufliche Wiedereinstieg so geregelt, dass die Patienten in der Regel sofort wieder voll arbeiten müssten. In anderen Ländern gebe es hingegen Modelle für einen stufenweisen Wiedereinstieg über eine z. B. 30- oder 50-prozentige Arbeitszeit.

Krebs sei auch keine Erkrankung ausschließlich älterer Menschen – ein bedeutender Anteil der Patienten erkranke vor dem 55. Lebensjahr, betont Sevelda (siehe Grafik). Da ein Drittel aller Krebserkrankungen u. a. durch bessere Vorsorgeprogramme vermeidbar sei, brauche es einen „nationalen Schulterschluss“, um diese rasch einzuführen. So sei es ein „Meilenstein“, dass im Herbst endlich das nationale Brustkrebs-Früherkennungsprogramm starte: „Wir hoffen sehr, dass es auch bald ein Darmkrebs-Programm geben wird.“

Informationen: www.leben-mit-krebs.at und www.krebshilfe.net

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