Jede Minute zählt
Von Ernst Mauritz
"Das ist eine alarmierende Entwicklung", sagt Gabriele Eichhorn, stellvertretende Generaldirektorin der Pensionsversicherungsanstalt (PVA): Die Zahl junger Schlaganfallpatienten (unter 50) in den Rehabilitationseinrichtungen der PVA ist in den vergangenen zehn Jahren um 20 Prozent gestiegen: "Auch sehr junge Menschen – um die 30 Jahre – sind darunter." Ganz generell hat sich in den vergangenen zehn Jahren der Anteil der Frauen nach Schlaganfällen in den Reha-Einrichtungen verdoppelt, der Anstieg bei den Männern betrug hingegen "nur" ein Drittel.
25.000 Mal wird in Österreich bereits jedes Jahr die Diagnose Schlaganfall gestellt – Tendenz steigend. Dies liegt nicht nur an der wachsenden Lebenserwartung, sondern auch am Lebensstil. "Risikofaktoren wie Bluthochdruck, hoher Blutzucker oder Rauchen werden nach wie vor unterschätzt", sagt Univ.-Doz. Hans Peter Haring von der OÖ Landesnervenklinik Wagner-Jauregg in Linz, Präsident der Österr. Schlaganfallgesellschaft und Autor eines neuen Sachbuches zum Thema. Dabei könne mit einem gesunden Lebensstil (viel Bewegung, Rauchstopp, ausgewogene Ernährung) das individuelle Schlaganfallrisiko um 30 bis 50 Prozent gesenkt werden.
Unterschätzt werden aber auch die möglichen Auswirkungen. "Schlaganfälle sind die Ursache Nummer eins für lebenslange Behinderung", betont Haring. "Deshalb ist es so wichtig, Verdachtssymptome (siehe Grafik) unbedingt ernst zu nehmen." – "Bei Schlaganfallverdacht muss man sofort die Rettung rufen", betont auch der Chefarzt der Wiener Berufsrettung, Dieter Sebald: "Der Transport findet dann nicht einfach ins nächste Spital, sondern in die nächstgelegene spezialisierte Abteilung statt." Also eine von 37 auf Österreich verteilte Stroke Units (Schlaganfallzentren), die für Diagnose, Therapie und Akut-Rehabilitation optimal eingerichtet sind.
Verschämter Notfall
Doch immer noch werden erste Symptome oft fehlgedeutet. "Der Schlaganfall ist ein verschämter Notfall", sagt Haring. "Beim Herzinfarkt kommt es zu massiven Schmerzen und Todesangst, aber der Schlaganfall macht keine Schmerzen. Er führt oft zu einer gewissen Verwirrtheit, die Menschen fragen sich, ,was ist denn das jetzt?‘ und warten ab."
Dabei komme es auf jede Minute an: "Je früher man auf einer Stroke Unit ist, umso größer ist nicht nur die Chance, dass man überlebt, sondern auch, dass man gut überlebt." Denn in den ersten viereinhalb Stunden nach dem Schlaganfall lässt sich das Blutgerinnsel mit Medikamenten auflösen: Dadurch sinkt das Risiko bleibender Schäden deutlich.
Buchtipp: "Schlaganfall – jede Minute zählt" von Univ.-Doz. Hans-Peter Haring und OA Martin Hamberger (Redaktion: Hannelore Mezei), Buchreihe "Gesund werden. Gesund bleiben", MedMedia Verlag, 210 Seiten, 24,90 €
Internet: Ärztekammer-Service: www.schlaganfall-was-tun.at