Wissen/Gesundheit/Gesund

Was für Herbstferien spricht und was dagegen

Heuer gab es an vielen Schulen Herbstferien – mit nur vier schulautonomen Tagen hatten Schüler elf Tage frei. So "günstig" liegen die Feiertage nicht immer, in manchen Jahren gibt es von September bis Weihnachten keinen einzigen Feier- oder Ferientag.

Das will die neue Regierung ändern, indem sie von 26. Oktober bis 2. November österreichweit Herbstferien einführt. Im Gegenzug sollen die schulautonomen Tage fallen oder die Sommerferien um eine Woche verkürzt werden. In dieser Ferienwoche sollen die Lehrer zur Fortbildung verpflichtet werden.

Eine gute Idee? Einfache Antworten hierauf gebe es nicht, meint Bildungspsychologin Christiane Spiel: "Das Thema ist hochkomplex, weil unterschiedliche Zielgruppen betroffen sind: Schüler, Eltern, Schulen inklusive den Lehrern."

Intensive Zeit

Hat man nur die Kinder im Blick, ist klar: "Die Periode zwischen Sommerferien und Weihnachten ist für die Schüler sehr intensiv. Eine Verschnaufpause würde ihnen gut tun, vor allem, weil sie selten ein arbeitsfreies Wochenende haben – der Sonntag ist sehr arbeitsintensiv, zeigen Studien." Die Daten seien zwar schon älter, aber: "Da hat sich wohl nichts verändert – im Gegenteil: Da Eltern eine gute Ausbildung für ihre Kinder wollen, wächst der Lerndruck auf die Schüler."

Auch Johannes Achammer, Psychologe und Lehrer an einer Neuen Mittelschule in Tirol, weiß, "dass regelmäßige Abwechslung zwischen Konzentration und Erholung die besten Effekte auf Motivation und Leistungsfähigkeit bringen". Er plädiert dafür, das ganze Konzept der Ferien zu überdenken. Laut Spiel haben "lange Sommerferien auch zur Folge, dass viele Kompetenzen in Mathematik und Rechtschreiben in dieser Zeit verloren gehen".

Anders sieht es beim Lesen aus, wo es schichtspezifische Unterschiede gibt: "Kinder aus bildungsfernen Familien lesen demnach schlechter, während die aus bildungsnahen Milieus Fortschritte machen," beruft sich Spiel auf mehrere Studien.

Deutsch verlernt

Und noch ein Problem sehen viele Lehrer – vor allem bei Schülern mit Migrationshintergrund: "Man hat nach den großen Ferien den Eindruck, von vorne anfangen zu müssen, weil die Kinder kein deutsches Wort mehr können."Doch kürzere Sommerferien würden nicht bei allen Schülern zu weniger Stress führen. Im Gegenteil: Besonders diejenigen, die in eine berufsbildende höhere Schule gehen, müssen in den freien Tagen ein Praktikum machen. Spiels Vorschlag: "Man könnte die Ferienordnung für Pflichtschüler und Schüler der Oberstufe etwas variieren." In anderen Ländern ist das durchaus Usus. "Für Ältere könnte man es bei neun Wochen Sommerferien belassen und dafür alle – auch AHS-Schüler – verpflichten, Praktika zu machen, damit sie mit der Arbeitswelt vertraut werden."

Bei der Ferienordnung sollte man auch Eltern berücksichtigen: "Für die, die Kinder an mehreren Standorten haben, sind schulautonomen Tage eine logistische Herausforderung. "

Keine Freude

AHS-Elternvertreter Gernot Schreyer ist dennoch nicht begeistert: "Um das Problem zu lösen, könnte man regionale Absprachen treffen. Das Problem: Die neue Oberstufe führt dazu, dass das erste Semester intensiv sein wird – eine Ferienwoche unterbricht da den Lernfluss." Was ihn besonders ärgert, ist, dass Eltern von den Vorschlag aus den Medien erfahren haben: "Wir haben gehofft, dass die neue Regierung anders mit den Schulpartnern umgeht."

Bundesschulsprecher Harald Zierfuß findet den Vorschlag hingegen gut: "Im ersten Semester gibt es kaum freie Tage zum Entspannen. Bis Weihnachten brennen viele Schüler aus. Auf schulautonome Tage wollen wir nicht verzichten, denn die sind essenziell für den Schulstandort, um auf Besonderheiten eingehen zu können." Er will lieber acht Wochen Sommerferien.

Und die Lehrer? "Ich bin weder Pro noch Contra", sagt Pflichtschulgewerkschafter Paul Kimberger. Was er sich aber wünschen würde: "Bildungswissenschaftler sollen uns sagen, was das beste Modell ist, dann können wir das auch umsetzen." Vom Streichen der schulautonomen Tage hält allerdings auch er wenig: "Die Regierung will den Standorten mehr Autonomie geben und streicht als erstes die autonomen Tage – das passt nicht zusammen." Für nicht organisierbar hält er auch, dass "alle 126.000 österreichischen Lehrer gleichzeitig auf Fortbildung gehen. So viele Angebote gibt es nicht".

Bildungspsychologin Spiel gibt ihm in diesem Punkt recht. Ihr Vorschlag: "Diese Tage könnte man zur Schulentwicklung nutzen, denn die ist für eine erfolgreiche Schule unabdingbar."