Wissen/Gesundheit/Gesund

Nobelpreisträger isst kein rohes Fleisch

Viren als (Mit-)Auslöser von Krebserkrankungen: Dieses Forschungsgebiet ist die Lebensaufgabe von Harald zur Hausen. 2008 erhielt der Deutsche Virologe den Medizinnobelpreis für seine Entdeckung, dass Humane Papillomviren (HPV) Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Jetzt will er dem Zusammenhang zwischen Ernährung und Dickdarmkrebs auf den Grund gehen, sagte er Donnerstag in Wien: „Der langfristige Konsum von rotem Fleisch (Überbegriff v. a. für Rind- und Schweinefleisch, Anm.) erhöht das Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, um 20 bis 30 Prozent.“

Alle Inhalte anzeigen
An der Zubereitung selbst (also an potenziell krebserregenden Substanzen, die beim Braten oder Grillen entstehen) kann das erhöhte Krebsrisiko nicht liegen: „Derselbe Zubereitungsprozess von Fisch oder Geflügel führt zu keinem erhöhten Risiko.“ Wo kein Rindfleisch gegessen werde (z. B. in weiten Teile Indiens) sei die Darmkrebsrate sehr niedrig. Und auch dort, wo Rindfleisch von anderen Arten als dem europäisch-asiatischen Milchrind verzehrt werde (z. B. in Bolivien).
Zur Hausens Hypothese: Möglicherweise spielen Viren in den Rindern eine Rolle als zusätzlicher Risikofaktor für die Krebsentstehung. Dies lasse sich zumindest aus Daten von Japan und Korea ableiten. Im Blut gesunder Hausrinder konnte bereits Erbgut isoliert werden, das von Viren stammen könnte. Nachgewiesen ist das aber noch nicht. „Und ob es dann einen Zusammenhang mit Dickdarmkrebs gibt, kann ich auch noch nicht sagen.“ Wobei eine derartige Virusinfektion alleine nicht ausreichen würde für eine Krebserkrankung: „Es müssen in der Zelle noch weitere Veränderungen stattfinden.“

Für die Verbreitung dieser These sei er schon kritisiert worden, weil er damit die Bevölkerung beunruhige. Aber es sei wichtig, über den Stand der Forschung aufzuklären und diese voranzutreiben. „Mein Traum wäre, Rinder zu impfen und damit Menschen vor Erkrankungen zu schützen.“

Angesichts fehlender Fakten gebe er derzeit keinerlei Empfehlung zum Fleischkonsum ab. „Persönlich esse ich aber kein Fleisch, das nicht ganz durchgebraten ist.“

Langer Prozess

Zur Hausen war anlässlich des 10-Jahr-Jubiläums der „Selbsthilfe Darmkrebs“ in Wien. „Die Darmspiegelung ist die wirksamste Maßnahme zur Krebsvorsorge“, so der Wiener Onkologe Univ.-Prof. Heinz Ludwig. Trotzdem lassen nur elf Prozent der Menschen über 50 die Untersuchung durchführen. „Die Entwicklung von der normalen Zelle zur Darmkrebszelle ist ein langsamer Prozess und dauert sieben bis zehn Jahre.“ Deshalb gebe es meist genug Zeit zum Einschreiten. „Mehr als 90 Prozent der im Frühstadium entdeckten Erkrankungen können geheilt werden.“
Für die Koloskopie wirbt auch der an Darmkrebs erkrankte ehemalige Grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger: „Jeder ist abstrakt für Prävention, aber selbst glaubt man immer, das einen die Erkrankung schon nicht betreffen wird.“

Internet:

www.selbsthilfe-darmkrebs.at

Alle Inhalte anzeigen