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"Viagra für Frauen": Grünes Licht von US-Experten

Versuche, der weiblichen Lust auf die Sprünge zu helfen, gibt es schon lange. Doch meist hieß es schnell "das geht nicht. Die Libido und der Orgasmus bei Frauen funktionieren anders." Trotzdem kommt in den USA demnächst wahrscheinlich eine Lustpille für die Frau auf den Markt. Das Expertengremium der Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) hat sich am Donnerstag für die Zulassung des Medikaments Flibanserin ausgesprochen. Ihre Entscheidung ist nicht bindend – die FDA folgt den Empfehlungen jedoch meist.

Flibanserin ist ursprünglich ein Antidepressivum, das einerseits das lusthemmende Hormon Serotonin senken und die Glückshormone Dopamin und Noradrenalin steigern soll – im Rahmen von Studien zeigte sich als Nebeneffekt jedoch, dass die teilnehmenden Frauen dadurch auch mehr sexuelles Interesse und höhere Befriedigung erlebten. Im Gegensatz zur Lustpille für Männer wirkt das Mittel aber nicht am Geschlechtsorgan, sondern im Gehirn.

Allerdings wurden auch Nebenwirkungen wie Müdigkeit, niedriger Blutdruck und Ohnmachtsanfälle beobachtet, vor allem in Kombination mit Alkohol – 2010 hat der deutsche Entwicklerkonzern Boehringer Ingelheim seine Arbeit mit Flibanserin daher eingestellt. Dafür übernahm die US-Firma Sprout Pharmaceuticals das Patent – und dürfte das "rosa Viagra" in einer neuen Zusammensetzung unter dem Namen "Girosa" auf den Markt bringen.

Sexualmediziner sind dennoch skeptisch ob der Wirksamkeit von Flibanserin. "Oft liegen die Probleme im psychischen oder partnerschaftlichen Bereich und können nicht mit Medikamenten beeinflusst werden", sagt dazu etwa Univ.-Prof. Christian Dadak von der österreichischen Gesellschaft zur Förderung der Sexualmedizin und der sexuellen Gesundheit.

Fast jede zweite Frau hat demnach im Laufe ihres Lebens vorübergehende oder ständige Sexualprobleme. "Man muss aber vorsichtig sein, ob die fehlende Lust, das Orgasmusproblem oder auch die Schmerzen beim Geschlechtsverkehr nicht andere Ursachen haben." Eine Frau, die unter viel Stress leidet, ständig Konflikte mit dem Partner oder Probleme mit den Kindern hat, könne meist wenig Lust für Sexualität aufbringen. "Dieses Mittel ist nicht die Wunderpille, die Frauen zu sexuellen Höhen treibt. Wenn sie gar keinen Kopf für Sexualität hat, dann kann eine Pille dabei auch nicht helfen."

Im Gespräch mit der Patientin würden oft andere Informationen zutage kommen, die sich auf die Libido auswirken. "Oft hat die Frau selbst auch gar kein Problem mit der fehlenden Lust, sondern es wird zum Problem, weil der Partner zu viel Druck ausübt."

Wenn es keine anderen Gründe für die Lustlosigkeit gibt, kann sich Dadak aber durchaus vorstellen, dass das Medikament etwas bewirken könnte. Er gibt aber auch zu bedenken, dass der Druck der Frauenorganisationen die Entscheidung der Experten beeinflusst haben könnte.

Der Markt um die Lustpille für die Frau bleibt jedenfalls weiter heiß umkämpft. Auch in Wien wird daran gearbeitet – derzeit läuft eine Studie, bei der man die Wirkung des Kuschelhormons Oxytocin auf die weibliche Lust erforscht.