Tierische Jobs: Was Ratten, Affen & Co für Menschen leisten
Von Hedwig Derka
In Tansania arbeiten Gambia-Riesenhamsterratten als Laborassistenten. Schnell und zuverlässig erschnüffeln sie an Speichelproben, ob ein Patient unter Tuberkulose leidet. In Moçambique sind eben diese geruchssensiblen Schlaumeier als Sprengstoffexperten im Einsatz. Unbeschwert suchen die Hero-Rats verminte Landflächen ab und zeigen dem Entschärfungsdienst an, wo die Gefahr vergraben liegt. Mario Ludwig hatte einen dieser Helden bereits auf dem Arm; überdimensional niedlich.
Nicht nur die größten Mäuseverwandten kommen in seinem 27. Buch vor. Es ist soeben erschienen. In „Tierische Jobs“ erzählt der Vielschreiber „Verblüffende Geschichten aus der Tierwelt“ (wbg Theiss, 192 S., 18 Euro). Knapp 50 sind es geworden – von Dr. Hund, der mit feiner Nase und Einfühlungsvermögen Diabetiker vor Unterzuckerung warnt, über Milben, die Käse machen, bis zu Miniaturartisten im Flohzirkus.
Seit Jahrhunderten zu Diensten
„Vieles, was Tiere im Dienst des Menschen in der Vergangenheit geleistet haben und heute leisten, ist weitgehend unbekannt“, sagt der Biologe – und verweist auf Blutegel, die nun in der Alternativmedizin ein Comeback feiern, und auf Frettchen, die seit mehreren tausend Jahren als Jagdhelfer dienen. Die Versuchskaninchen, die für die Forschung ihr Leben lassen, spart er bewusst aus. Den tierischen Soldaten widmet er mit den gepanzerten, bewaffneten Kriegselefanten der Antike exemplarisch ein Kapitel. Die Schicksale, die Millionen Pferde in der Kavallerie erlitten haben, bzw. die Hunde, die als Sprengstoffboten in die Luft flogen, findet Ludwig „unglaublich brutal, das wollte ich nicht“.
Affen als Helfer sind umstritten
Auch manch anderen Job sieht der Populärwissenschafter kritisch: In Thailand konnte er beobachten, wie gelehrige Makaken nach der Affenschule Kokosnüsse von Palmen pflücken und so dem Staat unverzichtbare Einnahmen bescheren. Während ein geschickter Erntehelfer später mit bei Tisch essen durfte, wurde ein Faulpelz hinter dem Haus durch Stockhieben bestraft. „Natürlich ist die ganze Geschichte umstritten.“
Mit einem vierbeinigen Altertumsforscher war der Katzen-Fan noch nie unterwegs. Der Job der Archäologie-Hunde, die Jahrhunderte alten Knochen auf die Spur kommen, ist relativ jung – die Arbeit top secret. Auch die Bandwurmdiät kennt der Tierexperte nur von seinen Recherchen daheim am Computer in Karlsruhe.
Leichtfüßig
Von den Unterwasser-Pedikeuren, die Hautschuppen von den Sohlen fressen, berichtet der Dozent gewohnt leichtfüßig. Besonders beeindruckt zeigt er sich von den Kapuzineraffen, die zu Haushaltshilfen ausgebildet werden. Die „Helping Hands“ in Massachusetts unterstützen mit 30 unterschiedlichen Fertigkeiten behinderte Menschen im Alltag. Sie lernen, Zähne zu putzen, Besteck aus der Küchenlade zu nehmen und die CD im Player zu wechseln. „Klar ist die Wohnung nicht die natürliche Umgebung der Affen. Aber man muss abwägen, wer den größeren Nutzen hat“, meint der 61-Jährige.
Delfintherapie ruft Tierschützer auf den Plan
In Sachen Delfintherapie ist er ganz aufseiten der intelligenten Säugetiere und ihrer Schützer. „Delfine sollten nicht als Therapeuten missbraucht werden“, sagt Ludwig. Es fehlten weitgehend wissenschaftliche Belege für den Erfolg der aufwendigen und teuren Behandlung, gleichzeitig werden die Weitschwimmer wider ihre Natur gehalten. Hund und Katze leisten als Heiler mehr – und sind viel näher am Menschen.
Mischwesen für die Zukunft
„Die Zukunft der tierischen Jobs ist nicht besonders schön“, prophezeit der Experte: „Schon jetzt gibt es Cyborgs – Mischwesen aus Tier und Technik.“ Versuche, das Gehirn von Insekten mittels elektronischer Schaltung zu steuern, laufen vielversprechend ... Noch haben Ludwigs Leser aber mit Vögeln, die Drohnen jagen, Katzen, die Kaffeebohnen veredeln, und Wetterfröschen gut lachen.