Alkoholiker machen Kinder zu Passivtrinkern
Ein angetrunkener Vater baut einen Unfall und flüchtet. Frau und Kind lässt er verletzt zurück. Das ist nur ein Gesicht des sogenannten Passivtrinkens. Zigtausende Menschen leiden jedes Jahr als Passivtrinker unter den Folgen von Alkoholmissbrauch anderer, sei es als Unbeteiligter, der von betrunkenen Fußballfans angepöbelt wird, als Ungeborenes im Bauch trinkender Schwangerer oder als Kind von Alkoholikern. „Kinder, die mit alkoholkranken Eltern leben, können der Situation kaum entkommen“, sagt Experte Raphael Gaßmann von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. In solchen Familien komme es überdurchschnittlich oft zu Missbrauch und Gewalt. Kinder, die in Familien mit Alkoholproblemen aufwachsen, sind in ihrer Entwicklung gefährdet.
Alkohol in der Schwangerschaft
Litauen ist das Land, in dem weltweit am meisten Alkohol getrunken wird - 18,2 Liter reiner Alkohol pro Einwohner über 15 Jahre im Jahr 2016. Auf den Plätzen zwei, drei und vier liegen Weißrussland (16,4) Moldawien (15,9) und Russland (13,9). Die Franzosen kamen auf 11,7, die Deutschen auf 11,6 Liter, die Österreicher immerhin noch auf 10,6 Liter. Damit liegt Österreich zum Beispiel zwar hinter Frankreich, Deutschland, Tschechien (13,7), Kroatien (13,2,) Belgien (13,2), Großbritannien (12,3), Polen (12,3) und Finnland (10,9), aber etwa vor Dänemark (10,1), der Schweiz (10,0), Spanien (9,2), Schweden (8,8), Griechenland (8,5) oder Italien (7,6 Liter pro Person über 15 im Jahr 2016). Das geht aus den neuen „World Health Statistics“ der Weltgesundheitsorganisation WHO hervor, die Mittwochmittag veröffentlicht wurden.
Weltweit wird in acht afrikanischen Staaten - Uganda und Namibia (je 11,8 Liter) an der Spitze - sowie in Australien (11,2) und Korea (11,9 Liter) mehr Alkohol konsumiert als in Österreich.
Positive Entwicklungen
Global gesehen gibt es mehrere positive Entwicklungen im Gesundheitsbereich, auch wenn viele Fortschritte zu langsam vorangehen.
Einige Punkte:
- Erstmals konnte im Vorjahr von mehr als der Hälfte aller Todesfälle die Ursache festgestellt werden. 2005 noch wurden nur von jedem dritten Todesfall die Ursachen erhoben. Was auf den ersten Blick nur wie ein statistisches Thema aussieht, hat enorme Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme: "Wenn Staaten nicht wissen, was Menschen krank macht und woran sie sterben, ist es viel schwieriger Maßnahmen zu setzen", sagt Marie-Paule Kieny aus der WHO-Generaldirektion.
- 2015 starben global 19 von 1000 Neugeborenen, bis zum Alter von fünf Jahren waren es 43 von 1000. So hoch das noch ist: Seit dem Jahr 2000 gab es einen Rückgang von 37 Prozent (Säuglingssterblichkeit) bzw. 44 Prozent (Sterblichkeit bis zum Alter von fünf Jahren).
- 49 Prozent aller Menschen, die mit Tuberkulose infiziert sind, werden heute diagnostiziert und behandelt. Im Jahr 2000 waren es 23 Prozent.
- 86 Prozent der Neugeborenen erhalten die drei notwendigen Impfungen für einen Schutz gegen Diphtherie, Tetanus
- 2,1 Millionen Menschen wurden 2015 neu mit HIV infiziert. Das sind um 35 Prozent weniger im Vergleich zum Jahr 2000 (3,2 Millionen Neuinfektionen). Das ist u.a. auf mehr Aufklärungskamapagnen sowie größere Verbreitung von antiviralen Medikamenten zurückzuführen - sie verhindern die Infektion des Partners und eines Neugeborenen.
- Das Risiko, an den Folgen von Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen oder chronischen Lungenleiden zu sterben, ist seit dem Jahr 2000 um 17 Prozent gesunken. Allerdings steigt die absolute Zahl der Betroffenen - wegen des Bevölkerungswachstums und der zunehmenden Lebenserwartung.
- Die Lebenserwartung ist von 2000 bis 2015 global gesehen um fünf Jahre gestiegen.
Vieles geht zu langsam
Doch um die Vorgaben der internationalen Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen (Sustainable Development Goals) , müssten positive Entwicklungen beschleunigt werden. Ein Beispiel: Immer noch sterben rund 830 Frauen täglich an Schwangerschafts- oder Geburtskomplikationen. Internationales Entwicklungsziel ist es, die Sterblichkeitsrate von Müttern von derzeit 216 Frauen pro 100.000 Geburten auf weniger als 70 Frauen pro 100.000 Geburten bis zum Jahr 2030 zu senken. Um aber das erreichen zu können, müsste der jährliche Rückgang, den es jetzt schon gibt, drei Mal so groß sein wie derzeit.
Thema Suizid
Ein zweiter Bericht der WHO über die Lebenssituation junger Menschen zeigt ein hohes Risiko für junge Menschen auf, durch Selbstmord zu sterben. Dieser ist eine der häufigsten Todesursachen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Laut einem Bericht des Europäischen Statistikamtes Eurostat ist Litauen in der EU das Land mit der höchsten Suizidrate, gefolgt von Lettland, Ungarn und Slowenien. Österreich liegt mit 15 Suiziden pro 100.000 Einwohner über dem EU-Durchschnitt (elf pro 100.000).
Um die Vorbeugung zu verbessern, hat das Gesundheitsministerium das Österreichische Suizidpräventionsportal online gestellt. Hilfsangebote unter www.suizid-praevention.gv.at