Brustkrebsstudie als US-Top-News
Von Ernst Mauritz
Große US-TV-Networks wie CNN oder NBC, Printmedien, Fachzeitschriften – alle stellten sich am Mittwoch um Interviews mit Univ.-Prof. Michael Gnant, Leiter der Uni-Klinik für Chirurgie der MedUni Wien, in Texas an. Der Grund: Auf einem der bedeutendsten Brustkrebskongresse der Welt – dem San Antonio Breast Cancer Symposium – präsentierte Gnant vor Tausenden Medizinern ein "spektakuläres Ergebnis" der bisher größten österreichischen Brustkrebsstudie mit 3425 Teilnehmerinnen: Ein Medikament gegen Knochenbrüche (Denosumab) kann bei Frauen nach dem Wechsel, die bereits einmal an einem hormonabhängigen Brustkrebs erkrankt waren, die Rückfallrate deutlich senken.
"Bis jetzt sind es 25 Interviews", so Gnant Mittwochmittag (früher Morgen in den USA) zum KURIER. Gnant ist auch Präsident der österr. Brust- und Darmkrebsstudiengruppe (ABCSG) sowie stv. Leiter des "Comprehensive Cancer Center" (MedUni/AKH Wien).
Knochenschwund
Rund 70 Prozent der Brustkrebserkrankungen sind "hormonabhängig" – sie benötigen das weibliche Sexualhormon Östrogen als Wachstumsfaktor. Deshalb erhalten diese Patientinnen eine Anti-Hormontherapie: Diese stoppt die Östrogenproduktion. Allerdings kann als Nebenwirkung Knochenschwund (Osteoporose) auftreten.
Univ. Prof. Josef Penninger hat in den 90er-Jahren in Mäusen jenes Protein (Eiweiß) entdeckt, das für den Knochenabbau verantwortlich ist: Es erhöht die Aktivität von Knochenfresszellen. Penninger entwickelte daraufhin den Antikörper Denosumab, der dieses Protein blockiert. Bereits im Frühjahr konnten die Forscher den ersten Durchbruch vermelden: Mit jährlich nur zwei Injektionen dieses Biotech-Osteoporosemedikaments kann die Zahl der Knochenbrüche, die durch die Anti-Hormontherapie verursacht werden, halbiert werden.
Schlafende Zellen
Doch dieser Antikörper wirkt auch auf die Mikroumgebung von unter Umständen vorhandenen, aber "schlafenden" Tumorzellen. Er reduziert auch die Wachstumsfaktoren im Knochenmark: "Daher fällt es Tumorzellen schwerer, aufzuwachen", so Gnant. Sie bleiben ruhiggestellt und damit ohne gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen. Deshalb auch das positive Studienergebnis: Bei Frauen nach dem Wechsel, die auch Denosumab erhielten, gab es um 18 Prozent weniger Brustkrebs-Rückfälle. Bei Frauen mit größeren Ersttumoren und besonders vielen "Hormonantennen" auf den Tumorzellen war der Effekt sogar noch größer.
Die Forschungsergebnisse aus Österreich werden die Therapie nach Brustkrebs verändern: Jeder Frau nach dem Wechsel, die eine Anti-Hormon-Therapie erhält, sollte zusätzlich auch Denosumab angeboten bekommen, sagt Gnant: "Ich persönlich denke, dass diese Therapie der neue ,State of the art‘ (aktueller Stand der Wissenschaft, Anm.) ist." In den USA zumindest werde das so gesehen.
In Österreich erkranken jährlich rund 5200 Menschen neu an Brustkrebs,
99 Prozent sind Frauen, rund ein Prozent Männer. Bei rund 15 Prozent der Patientinnen mit dem sogenannten hormonabhängigen Brustkrebs kommt es zur Osteoporose. Sie ist eine Folge der Anti-Hormon-Therapie. Knochenstärkende Medikamente können diese Nebenwirkung abfangen.