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Studie hinterfragt, was Gene mit Sexualität zu tun haben

Ob die menschliche Sexualität von Genen abhängig ist oder nicht, das ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Besonders nachdem der US-Wissenschafter Dean Hamer vor mehr als 20 Jahren behauptet hatte, ein sogenanntes "Schwulen-Gen“ entdeckt zu haben, beschäftigt sich die Forschung mit dem Thema.

Während die Existenz eines solchen Gens nie bestätigt werden konnte, zeigt nun eine großangelegte Studie eines internationalen Forscherteams um den US-Genetiker Andrea Ganna, wie stark die Genetik tatsächlich für das Sexualverhalten verantwortlich ist.

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Die Erkenntnis vorweg: Die Genetik spielt beim Thema sexuelle Orientierung eine geringe Rolle. Laut Studie sei sie keinesfalls von einem Gen abhängig. Vielmehr spielen verschiedene Komponenten eine Rolle, von denen jede einen winzigen Effekt hat. Genetische Faktoren würden nur acht bis 25 Prozent der Variation des sexuellen Verhaltens erklären können. Durch den Einfluss von sozialen Bedingungen und Umweltfaktoren sei es unmöglich, über die Gene eine Vorhersage über die sexuelle Orientierung einer Person zu machen.

"Ich hoffe, dass die Wissenschaft genutzt werden kann, um die Menschen ein bisschen mehr über das natürliche und normale gleichgeschlechtliche Verhalten aufzuklären", sagte Benjamin Neale, Genetiker am Broad Institute von Harvard.

Besorgnis wegen Diskriminierung

Für die Studie analysierten die Wissenschafter die genetischen Daten von 408.000 Männern und Frauen aus einer britischen Datenbank. Die Probanden waren zwischen 40 und 69 Jahre alt. Außerdem verwendeten die Forscher Daten von fast 70.000 Kunden des Gentestdienstes 23andMe, die im Durchschnitt 51 Jahre alt waren, und Fragen zur sexuellen Orientierung beantwortet hatten. Alle waren weißer europäischer Abstammung - einer von mehreren Faktoren, die die Generalisierbarkeit der Studie einschränke, sagen Kritiker.

Noch vor ihrer Veröffentlichung am Donnerstag führte die Studie zu massiven Diskussionen. Einige Wissenschafter befürchten, die Ergebnisse könnten die Diskriminierung von Homosexuellen stärken.