Starker Zusammenhang zwischen Rauchen und Prostatakrebs
Von Ingrid Teufl
Nikotin ist laut Onkologen an der Entstehung von mehr als 15 verschiedenen Krebsarten beteiligt. Im Fall von Prostatakrebs belegte das Team von Univ.-Prof. Shahrokh F. Shariat, Leiter der Uniklinik für Urologie der MedUni Wien, nun erstmals den eindeutigen Zusammenhang zwischen einem Karzinom an der Vorsteherdrüse und Rauchen.
Besonders stark betroffen sind offenbar Raucher und Ex-Raucher nach der Entfernung der Prostata wegen eines Tumors. Für sie erhöht sich das Risiko für ein sogenanntes "biochemisches Rezidiv" gleich um das Doppelte gegenüber Nichtrauchern. Mit so einem Rezidiv kündigt sich ein Rückfall in Form von veränderten Laborwerten (z. B. PSA-Werte) an.
Für die nun im Fachmagazin European Urology veröffentlichte Untersuchung verwendeten Shariat und seine Schweizer Kollegen vom Uni-Klinikum Basel die Daten von 7191 Patienten. Deren Prostata war zwischen 2000 und 2011 in sieben internationalen Krebsforschungszentren entfernt worden.
Offene Fragen
Die Ergebnisse sind ein weiteres Indiz für die Schädlichkeit von Nikotin auf das männliche Geschlechtsorgan. Der Zusammenhang zwischen Rauchen und der Entstehung eines Karzinoms der Vorsteherdrüse ist wissenschaftlich nicht vollständig geklärt. Frühere Studien kamen hier sogar zu widersprüchlichen Ergebnissen. Während in älteren Studien deutliche Zusammenhänge sichtbar waren, legten aktuelle eher das Gegenteil nahe. "Viele Fragen sind nach wie vor ein Rätsel", sagt Urologe Shariat. Erwiesen sei jedoch, dass Rauchen generell das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, erhöht. "Die Ergebnisse unserer Studie unterstreichen, wie wichtig es ist, an Prostatakrebs Erkrankte hinsichtlich der negativen Einflüsse des Rauchens zu informieren."
In Österreich erkranken jährlich etwa 4800 Österreicher an einem Prostatakarzinom. Damit ist er das häufigste Krebsleiden beim Mann. Durch den Einsatz modernster Medikamente erhöhten sich Überlebensraten in den vergangenen Jahren deutlich. Durch die Weiterentwicklung der Operationstechniken reduzierten sich auch Nebenwirkungen wie etwa Inkontinenz.
Die aktuelle Wiener Studie zeigt aber auch nachdrücklich, dass es nie zu spät ist, mit dem Rauchen aufzuhören. Spätestens zehn Jahre nach dem Rauchstopp scheinen sich die negativen Einflüsse des Nikotins auf das Risiko eines biochemischen Rezidivs auszugleichen. Experte Shariat betont: "Unsere Studie zeigt, dass eine Entwöhnung auch dann noch sinnvoll ist, wenn man bereits an einem Prostatakarzinom erkrankt ist."
Wenn Eltern neben ihren Kleinkindern rauchen, kann das negative Spätfolgen für den Nachwuchs haben. Dies wird von den Eltern offenbar dramatisch unterschätzt. Zu diesem Schluss kommen Forscher der kanadischen Universität Montreal in einer aktuellen Studie. Sie stellten fest, dass die Kinder aus Raucherhaushalten zehn Jahre später unter anderem öfter von starkem Übergewicht betroffen waren.
Der Grund dafür liege darin, dass die frühe Kindheit eine besonders kritische Zeit für die Entwicklung darstelle. Sind Kinder gerade in dieser Phase Zigarettenrauch ausgesetzt, könnte das für ein hormonelles Ungleichgewicht sorgen oder auch die neurologische Entwicklung stören.
Dazu kommen weiters Einflüsse auf das Immunsystem und kardio-vaskuläre Veränderungen. Die auftretenden Prozesse können sich zudem überlagern und gegenseitig beeinflussen, betont Studienleiterin Linda Pagani.