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Demenz: Angehörige müssen besser unterstützt werden

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"Wir werden dringend Maßnahmen zur verstärkten Unterstützung von pflegenden Angehörigen setzen müssen." Das ist für den Sozialpsychiater Univ.-Prof. Johannes Wancata von der MedUni Wien eine der wichtigsten Konsequenzen aus dem neuen "Österreichischen Demenzbericht". Wancata ist einer der Autoren.

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Bis 2050 wird die Zahl der an einer Demenz erkrankten Österreicher um das 2,8-Fache steigen – auf mehr als 260.000 Menschen. Gleichzeitig nimmt der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ab. Im Jahr 2000 kamen etwa 60 Personen im erwerbsfähigen Alter auf einen Demenzkranken. 2050 aber "werden nur mehr etwa 17 erwerbsfähige Personen einem Menschen mit Demenz gegenüberstehen", zeigt eine Studie von Wancata.

"Die Zuwachsraten bei der Demenz sind stärker als bei anderen Erkrankungen – das hängt mit dem steigenden Lebensalter zusammen. Vor 40 Jahren kam das ins Fernsehen, wenn jemand 100 Jahre alt wurde. Heute ist das schon so häufig, dass es keinen mehr interessiert." Vereinfacht könne man sagen: "Ab 60 steigt das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, alle fünf Jahre ums Doppelte."

"Wenn wir jetzt für die Zukunft planen, dürfen wir nicht nur an die üblichen Pflegeeinrichtungen denken", betont Wancata. "Wir müssen die Pflege zu Hause erleichtern." Tagesstätten können da eine große Entlastung sein, indem sie jüngeren Pflegenden ermöglichen, berufstätig zu bleiben und gleichzeitig ihr Risiko für ein Burn-out oder eine Depression zu senken: "Hier ist das Angebot schon ausgeweitet worden – aber wir werden noch mehr tun müssen."

Tageszentren seien deutlich günstiger als Plätze in einem Pflegewohnhaus und können den Zeitpunkt der Aufnahme in ein Pflegeheim deutlich nach hinten schieben. Dadurch werden Pflegekosten gespart." Notwendig seien auch Schulungen für Angehörige, um mit Symptomen von Demenzpatienten besser umgehen zu können. "Auch die ehrenamtlichen Dienste zur Entlastung wird man ausweiten müssen."

Forschung erweitern

Wichtig wäre auch, die Forschung nicht nur auf neue Arzneimittel auszurichten: "Hier gab es um die Jahrtausendwende eine Euphorie, dass sich alles in kürzester Zeit medikamentös lösen lässt. Aber dem ist nicht so." Es wäre wichtig, Forschungsmittel auch in die Entwicklung neuer Versorgungsmodelle zu investieren: "Etwa in die spezielle Gestaltung gemeinsamer Wohnfor-men, damit wir fundiert sagen können, von diesem Modell profitieren die Menschen – und von diesem nicht."

Laut Univ.-Prof. Christoph Gisinger, Institutsdirektor vom Haus der Barmherzigkeit, gebe es viel zu wenige finanzielle Mittel für die Betreuung der "wirklich schwer erkrankten Patienten". Das Pflegegeld sei "bei Weitem nicht kostendeckend". Trotz des Anstiegs der Gesamtzahl der Demenzpatienten gebe es auch positive Entwicklungen: "Es scheint so zu sein, dass sich durch die steigende Lebenserwartung auch der Zeitpunkt des Auftretens der ersten Demenzsymptome um einige Jahre nach hinten verschiebt."

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