Warum man schlechte Lehrer kaum los wird
Von Ute Brühl
Jeder kennt sie, jeder weiß, dass sie ganze Schülergenerationen das Fürchten gelehrt hat. Und dennoch ist bisher kaum etwas passiert, um die jungen Menschen zu schützen.
Worum es geht? Um eine Wiener AHS-Professorin, die sich im Umgang mit Jugendlichen – gelinde gesagt – schwer tut und so für Aufregung sorgt. Das seit Jahren. Eltern berichten von Kindern, die weinend nach Hause kommen und dauerhaft psychische Probleme bekommen. Der KURIER berichtete bereits im Jahr 2010 über den Fall. Passiert ist seither nichts. Jetzt nehmen Eltern erneut einen Anlauf, um gegen die Lehrerin vorzugehen. Sie haben einen Protestbrief verfasst.
Die Geschichte ist kein Einzelfall – an einigen Schulen gibt es Lehrer, von denen jeder weiß, dass sie für den Job ungeeignet sind. Sei es, dass sie pädagogisch überfordert sind und den Stoff nicht vermitteln können, oder aber, dass sie Kinder erniedrigen.
Aber warum ist es so schwierig, ungeeignete Pädagogen aus den Klassenzimmern zu bekommen? Weshalb gibt es allem Anschein nach nie Konsequenzen für Fehlverhalten? Der KURIER hat dazu Direktoren, Inspektoren, Schuljuristen sowie Lehrer- und Elternvertreter befragt.
Wanderpokal
Eine Antwort, die niemand laut aussprechen will, lautet so: Viele Direktoren gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Stillschweigend bieten sie eine Vereinbarung an: Der Pädagoge lässt sich versetzen und erhält als Dank ein positives Dienstzeugnis – der Lehrer wird zum "Wanderpokal".
Dass diese Pädagogen nicht gut fürs Image des Lehrerberufs sind, ist dem AHS-Gewerkschafter Herbert Weiß klar. Das Problem sei, dass die Lehrerausbildung eine "Einbahnausbildung" ist. Heißt: Wer Lehramt studiert hat, hat wenige Berufsalternativen. "Und auch der Dienstgeber hat keine Idee, was er mit diesen Pädagogen machen soll."
Das sieht Gernot Schreyer vom Bundeselternverband ähnlich. Vorschläge, man solle Problemlehrer einfach vor die Klassenzimmertüre setzen, hält er für illusorisch: "Reißerische Lösungen gibt es nicht. Da steht das Beamtendienstrecht davor."
Michael Sörös, Sprecher der Landesschulinspektoren, sieht das etwas differenzierter: "Es ist gut, dass das Dienstrecht den Organen des Staates einen besonderen Schutz gewährt. Doch in den Fällen, in denen Direktoren, Schulaufsicht, Lehrer, Eltern und Schüler einhellig zu dem Schluss kommen, dass ein Lehrer ungeeignet ist, sollte es ein Prozedere geben, damit man sich von diesem trennen kann. Man sollte im Sinne der Kinder nicht schützen, wen man nicht schützen darf."
Direktorensprecher Wilhelm Zillner weiß aus der Praxis, woran es hakt: "Auch wenn wir Verfehlungen eines Lehrers genau dokumentiert haben, verlieren wir meist, sobald ein Lehrer vor das Arbeitsgericht geht. Selbst wenn wir zum Beispiel nachweisen können, dass ein Lehrer über eine lange Dauer regelmäßig zu spät zum Unterricht erscheint."
Bei Vertragsbediensteten sei das sogar noch schwieriger als bei Beamten, wo die Dienstpflichten genauer definiert seien: "Da gibt es dann schon einmal Fälle, wo ein Lehrer empfindliche Geldstrafen erhält. Das kann bis zu mehreren Monatsgehältern gehen." Nachsatz: "Das sind allerdings Einzelfälle."
Schuljurist Arno Langmeier vom Wiener Stadtschulrat kennt einen Grund dafür: "In den Disziplinarkommissionen sitzen immer auch Gewerkschaftsmitglieder. Das erschwert die Sache." Am einfachsten sei es übrigens, einen Lehrer loszuwerden, der nur eine befristeten Vertrag hat – dieser wird einfach nicht verlängert.
Reden und ausbilden
Bleibt die Frage: Was kann man tun, um solche Lehrer aus den Klassen zu bekommen? Elternvertreter Schreyer setzt auf Kommunikation: "Sinnvoll wäre ein Feedback-System, das dafür sorgt, dass Lehrer begleitet werden, bevor es eskaliert. Ist die Situation unerträglich, so haben die Schüler und Eltern meistens das Nachsehen, weil es ein Ungleichgewicht gibt. Niemand unterstützt die Eltern bei einem Prozess finanziell. Bei den Lehrern ist das anders."
Lehrervertreter Weiß würde schon viel früher ansetzen, nämlich bei der Ausbildung der Lehrer: "Ich fände etwa gut, würden Studenten am Anfang ihres Studiums vor allem Fachspezifisches lernen und in der Pädagogik nur Basiskenntnisse erhalten. Nach zwei, drei Semestern sollten sie sich dann in die Klasse stellen – da sieht man schnell, ob sie für den Beruf geeignet sind oder nicht. Wünschenswert wäre zudem, dass die Studenten in den Pädagogischen Hochschulen und den Universitäten schon früh ein ehrliches Feedback erhielten."
Der Vorteil: "Sollten die Studenten wenig pädagogisches Talent zeigen, könnten sie entweder noch etwas völlig anderes studieren oder in ihrem Fach, zum Beispiel in der Mathematik, bleiben – aber eben nicht im Lehramt."