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Rheuma: Ein junges Paar erzählt

Auf den ersten Blick wirken Dominik Formanek und Stephanie Nowak wie ein junges, gesundes Paar. Der 22-Jährige und seine 23-jährige Freundin studieren, waren gerade auf Urlaub und sind vor Kurzem in ihre erste gemeinsame Wohnung in Wien gezogen. Es gibt aber Tage, an denen es ihnen gar nicht gut geht.

Beide haben rheumatoide Arthritis, eine schubweise verlaufende, entzündliche Gelenkserkrankung, bei der es zu heftigen Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeit in den Gelenken kommt. "Ich merke es, wenn ich weite Strecken gehe. Das Aufsperren von Schlössern und Öffnen von Flaschen gehen schwer. Bei einem Schub liege ich im Bett und kann gar nichts machen", sagt Nowak.

Kindesalter

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Bei beiden traten die Beschwerden bereits in jungen Jahren auf. Ihre Rheuma-Form kann schon im Kindesalter nachgewiesen werden. Formanek war erst sieben Jahre alt, als eine Kinderrheumatologin die Diagnose stellte. "Begonnen hat es so, dass ich das Gefühl hatte, ich würde im Skischuh umknicken. Und ich hatte beim Turnen Schmerzen", erzählt er.

Seine Freundin leidet seit dem 14. Lebensjahr unter Gelenksschmerzen, erst mit 19 erhielt sie die richtige Diagnose. Nach der Erleichterung, endlich die Ursache der Schmerzen zu kennen, realisierte sie, dass die Krankheit sie ihr Leben lang begleiten wird. "Das belastet mich. Ich frage mich oft, warum gerade ich? Warum muss ich krank sein?", sagt Nowak.

In Momenten, in denen es ihr schlecht geht, hilft ihr Freund Dominik – und umgekehrt. "Meine Freunde haben Verständnis, wenn ich langsamer gehe oder nicht alles mitmachen kann. Aber sie verstehen es nicht so wie Dominik. Bei ihm brauche ich nicht viel erklären." Ihren gemeinsamen Haushalt führt jeweils der, dem es gerade besser geht. Nur wenn beide gleichzeitig einen Schub haben – oft ausgelöst durch das Wetter –, brauchen sie Unterstützung von Verwandten und Freunden. "An den heißen Sommertagen ist es mir sehr schlecht gegangen, ich hatte stark angeschwollene Sprunggelenke, war total müde und schlapp. Da spürt man richtig, dass der Körper einen runterzieht – es fühlt sich an, wie ein Traktor, der über einen drüberfährt", meint Nowak.

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Die beiden lernten sich über die SelbsthilfegruppeRheumaliskennen, die Formaneks Mutter für rheumakranke Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern 2004 gegründet hat. Bei Treffen können sich Betroffene austauschen – Dominik Formanek veranstaltet Gesprächsrunden und lässt Eltern und Kinder an ihm das Spritzen von Medikamenten üben. Jedes Jahr gibt es eine Therapiewoche. Medikamente und regelmäßige Therapien sind Teil des Alltags der beiden Studenten, um die Beweglichkeit der Gelenke möglichst zu erhalten. Drei Mal täglich kühlen sie diese z. B. mit Coolpacks. "Man muss ausprobieren, was zu einem passt. Oft ist es eine Geldfrage, da nicht alle Therapien von der Krankenkasse übernommen werden", sagt Formanek, der zusätzlich regelmäßig eine Yoga-Form für Rheuma-Patienten macht.

Einschränkungen

Auch Psychotherapie ist für die beiden wichtig, um besser mit ihrer Krankheit umzugehen. "Manchmal möchte man alles mitmachen und übertreibt. Ich war z. B. vor ein paar Jahren mit der Schule in Rom und wollte unbedingt auf den Petersdom hinauf. Danach hatte ich ein halbes Jahr Probleme mit den Sehnen", erzählt Formanek.

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Für ihre Ausbildung haben sich die beiden Studienrichtungen gesucht, bei denen krankheitsbedingte Fehlzeiten möglich sind, weil keine Anwesenheitspflicht besteht. Beiden gefällt das Studium – er studiert Wirtschaftsrecht, sie Soziologie – besser als die Schule, auch weil es klare rechtliche Grundlagen für Betroffene chronischer Erkrankungen gibt. Das Schreiben mit der Hand fällt ihnen z. B. schwer, weshalb sie Prüfungen am Laptop oder mündlich absolvieren dürfen. "In der Schule kommt es oft auf den Lehrer an, ob und welche Hilfsmittel man verwenden darf", meint Formanek, der nebenbei bald als Billeteur in einem Theater arbeitet.

Beide wünschen sich mehr Verständnis für Betroffene rheumatischer Erkrankungen. Immer wieder haben sie Schwierigkeiten, sich zu erklären, wenn sie sich z. B. auf einen Behindertenplatz setzen, weil man ihnen ihre Erkrankung eben nicht ansieht. Nowak: "Selbst wenn man es erklärt, verstehen viele nicht, dass wir krank sind. In der Gesellschaft ist Rheuma immer noch etwas, das die Oma hat."

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Bei den Rheuma-Tagen können sich Interessierte informieren. Infos: www.rheumaliga.at