Rezeptpflichtige Arzneien aus dem Netz: 95 % gefälscht
Von Ernst Mauritz
95 Prozent der über das Internet vertriebenen rezeptpflichtigen Arzneimittel sind gefälscht. Das geht aus der Analyse von mehr als 4000 Verdachtsproben hervor, die in den vergangenen Jahren von der AGES Medizinmarktaufsicht - sie untersteht dem Gesundheitsministerium - durchgeführt wurden.
"Für die gefälschten Produkte gilt zu 100 Prozent das Sprichwort: 'Oft sind die Heilmittel schlimmer als die Krankheiten'", betonte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bei der Präsentation der Kampagne. "Das Internet ist zu einem Umschlagplatz gefälschter Medikamente geworden."
In Österreich laufen die Ermittlungen gegen diese Form der organisierten Kriminalität im Bundeskriminalamt zusammen. Dort wurde 2014 auch die Sonderkommission "Vigorali" geführt, der es gelang, den bis heute größten Arzneifälschungsskandal in Österreich aufzudecken.
"In den Produkten ist entweder nichts, zu wenig, ein anderer oder auch ein gefährlicher Wirkstoff enthalten", warnte Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. - "Sie können auch Staub, Dreck und Gift enthalten", so Mikl-Leitner: "Gefälschte Arzneimittel gefährden nicht nur die Gesundheit, sondern finanzieren auch kriminelle Machenschaften."
Wenig Wissen
Eine repräsentative Online-Umfrage unter 1000 Personen (Institut Meinungsraum, im Auftrag der Österreichischen Apothekerkammer) zeigt, dass die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher (48 Prozent) nicht weiß, dass der Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten im Internet verboten ist, wie Apothekerkammer-Präsident Max Wellan sagte:
- 60 Prozent der Kenner von testosteronhaltigen Medikamenten (hormonelle Muskelaufbaupräparate) glauben fälschlicherweise, dass diese rezeptfrei im Internet erhältlich sind.
- 31 Prozent glauben dies bei Potenzmitteln wie Viagra - auch das ist falsch.
- Und sogar 65 Prozent sind der ebenfalls falschen Ansicht, die Schlankheitspille Xenical könne rezeptfrei im Internet bestellt werden.
Mehr Erlöse wie Drogenhandel
Die meisten Fälschungen kommen aus Indien, China und Südostasien, so Wellan. "Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt den Jahresumsatz auf 100 Milliarden US-Dollar." Der Markt wächst und bringt den Kriminellen bereits mehr Erlöse als der Drogenhandel. Erst vor kurzem sei in Le Havre ein Schiffscontainer mit illegalen Schmerzmitteln sichergestellt worden.
Ebenfalls alarmierend: 47 Prozent der Befragten würden in einem Online-Shop rezeptpflichtige Medikamente bestellen, wenn dieser seriös und professionell aussieht. In diesen Bereich und in die möglichst orginalgetreue Verpackung investieren die Fälscher bedeutend mehr als in die Produkte selbst: "Auch für Experten sind die Fälschungen vom Original deshalb auf den ersten Blick oft nicht zu unterscheiden", betont Wellan. Erst im Labor zeige sich dann die wahre Beschaffenheit.
Hier der Link zum Video der Kampagne.
Legaler Versandhandel für rezeptfreie Produkte
Streng trennen von diesen illegalen Aktivitäten muss man den legalen Handel mit rezeptfreien Medikamenten über das Internet. Ab 25. Juni ist das auch allen österreichischen Apotheken erlaubt. "Die hohen Qualitätsvorgaben und der Versand ausschließlich über Apotheken schützen die Konsumentinnen und Konsumenten vor Arzneimittelfälschungen und erhöhen die Arzneimittelsicherheit", betont Gesundheitsministerin Oberhauser.