Resveratrol: Das Vielleicht-Wundermittel
Von Ingrid Teufl
Der Hype geht weiter", stöhnen Wissenschaftler der renommierten Harvard Medical School anlässlich einer vor wenigen Tagen im Medizin-Journal Cell veröffentlichen Studie über die positiven Wirkungen des Rotwein-Inhaltsstoffs Resveratrol. Dort war ihm wieder einmal Anti-Aging-Potenzial und Schutz gegen Stoffwechselkrankheiten bescheinigt worden.
Demzufolge kann Resveratrol das am Alterungsprozess beteiligte Muskelenzym Phosphodiesterase 4 hemmen. Und diese Erkenntnis könnte die Anti-Aging-Forschung beflügeln.
Einziges Problem: Die Ergebnisse basieren auf Mäusetests, Untersuchungen am Menschen fehlen – so wie übrigens in den meisten bisher vorliegenden Studien. "Nicht, dass dies keine interessanten Forschungen wären, die eines Tages die Tür für neue Behandlungsmethoden bei Herzkrankheiten, Diabetes oder Gedächtnisverlust aufstoßen könnten", meinen die Harvard-Wissenschaftler. Die Betonung liege jedoch auf könnten. "Dies rechtfertigt keinesfalls den Hype um praktisch jede neue Resveratrol-Studie."
Vor übertriebenen Erwartungen warnt auch der Physiologe Univ.-Prof. Wolfgang Marktl der MedUni Wien. "Es gibt schon länger Hinweise auf eine antioxidative und zellschützende Wirkung. Aber ein direkter Beweis, dass eine einzelne Substanz lebensverlängernd wirkt, konnte bisher nicht erbracht werden. "
Nebenwirkungen
Das Hauptproblem aus seiner Sicht: "Man hätte halt gern ein Wundermittel, aber das spielt’s leider nicht." Fest steht, dass Resveratrol vor allem in roten Weintrauben und Rotwein vorkommt. In geringeren Mengen ist es auch in Erdnüssen oder Himbeeren enthalten. Bisherige Forschungen, etwa dass durch Resveratrol weniger zellschädigende freie Radikale im Körper gebildet werden, sind für Marktl auch "gar nicht unplausibel. Das heißt aber noch lange nicht, dass es tatsächlich lebensverlängernd wirkt."
Der Euphorie tun fehlende Nachweise aber keinen Abbruch. Längst bieten verschiedene Hersteller Resveratrol-Pillen als Nahrungsergänzung im Internet an. Physiologe Marktl: "Hinter allem steht eben auch ein Geschäft. Wir leben in einer Zeit, wo man glaubt: Alles ist möglich und für jede komplexe Materie, etwa das Altern, gibt es eine einfache Lösung." Vernachlässigt würden dadurch negative Seiten. Bei Resveratrol wurde nämlich auch Nebenwirkungen wie Rachenraumentzündungen, Muskelschmerzen oder Müdigkeit beobachtet. "Die Frage, ob die Einnahme dieses Stoffs überhaupt einen Zusatznutzen hat, bleibt nach wie vor unbeantwortet."