Rauchen könnte auch der Psyche schaden
Von Ernst Mauritz
Diese Studie könnte die Diskussionen um das Rauchen und die gesundheitlichen Folgen noch weiter verschärfen: Denn britische Wissenschaftler veröffentlichten jetzt erste Daten, dass Rauchen möglicherweise nicht nur ein Risikofaktor für körperliche, sondern auch für psychische Erkrankungen ist.
Konkret vermuten die Forscher des renommierten King's College London, dass Rauchen in einem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung von Schizophrenie stehen könnte: Demnach haben Raucher ein höheres Risiko, diese Erkrankung zu bekommen - und sie erkranken auch in jüngerem Alter. Aber die Forscher betonen auch, dass es mit dieser Art von Studie, wie sie das britische Team durchgeführt hat, sehr schwierig ist, eine Kausalität - also einen direkten Zusammenhang - nachzuweisen. "Um mehr Evidenz zu erhalten, sind weitere Untersuchungen notwendig."
In ihrer in Lancet Psychiatry erschienenen Arbeit haben sie Daten von 61 Studien neu ausgewertet und analysiert. Demnach gebe es Hinweise darauf, dass Rauchen zu Veränderungen im Gehirn führt. "Die Daten sind ziemlich stichhaltig, aber wir benötigen mehr Forschung auf diesem Gebiet."
Was war zuerst?
Lange Zeit ging man davon aus, dass Schizophrenie-Patienten deshalb deutlich häufiger Raucher sind - konkret drei Mal so häufig wie gesunde Vergleichspersonen -, weil sie durch den Nikotinkonsum den Stress, der durch das Hören von Stimmen und durch die Halluzinationen entsteht, verringern können. Doch wenn dies so wäre, dürfte die Raucherrate erst ansteigen, wenn erste Symptome aufgetreten sind, sagen die Wissenschaftler.
Die Auswertung der Daten von knapp 15.000 Rauchern und fast 275.000 Nichtrauchern ergab aber ein etwas anderes Bild:
- 57 Prozent der Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung waren schon vor ihrer ersten psychotischen Episode Raucher.
- Tägliche Raucher entwickelten doppelt so häufig Schizophrenie wie Nichtraucher.
- Und Raucher erkranken im Schnitt ein Jahr früher an Schizophrenie als Nichtraucher.
"Ernsthaft in Betracht ziehen"
Studienleiter James MacCabe vom King's College in einer Pressemitteilung: "Unsere Ergebnisse gehen in die Richtung, dass Rauchen ernsthaft als möglicher Risikofaktor für die Entwicklung von Schizophrenie in Betracht gezogen werden sollte, und nicht nur als eine Konsequenz der Erkrankung gesehen werden darf."
Die Forscher gehen davon aus, dass ohne Rauchen eine von 100 Personen an Schizophrenie erkrankt - mit Rauchen hingegen könnte das Risiko auf 2 von 100 ansteigen.
Eine möglicher Grund für das erhöhte Risiko könnte sein, dass durch das Rauchen die Freisetzung des neuronalen Botenstoffs Dopamin deutlich erhöht wird. Und eine Überaktivität zumindest eines Teils des körpereigenen Dopaminsystems könnte einer von mehreren Risikofaktoren für Schizophrenie sein.