Psychische Erkrankungen weisen wichtige Gemeinsamkeiten auf
Psychiatrische Erkrankungen wie Schizophrenie und bipolare Störungen treten familiär gehäuft auf. In einer neuen Studie haben die Forscher die genetischen Zusammenhänge zwischen diesen Störungen und anderen Erkrankungen des Gehirns untersucht. Es zeigte sich, dass psychiatrische Leiden zahlreiche genetische Faktoren teilen, während neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer bezüglich ihrer genetischen Grundlagen deutlicher voneinander abgegrenzt erscheinen.
Die in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Erhebung beschäftigt sich mit der Frage, wie genetische Variation mit der Entstehung von Hirnerkrankungen zusammenhängt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass psychiatrische Erkrankungen wahrscheinlich wichtige Gemeinsamkeiten auf molekularer Ebene aufweisen, die sich in den derzeitigen diagnostischen Kategorien nicht widerspiegeln.
Für die aktuelle Studie haben internationale Konsortien ihre Daten zusammengeführt, um die genetischen Muster von 25 psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen zu untersuchen. "Sie (die Studie, Anm.) stellt derzeit eine der größten genetischen Untersuchungen bei Patienten und Kontrollpersonen weltweit dar", so Markus Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Bonn.
Die Ergebnisse zeigten weitreichende genetische Überschneidungen bei verschiedenen psychischen Erkrankungen, insbesondere zwischen der Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), der bipolaren Störung, der schweren Depression und der Schizophrenie. Darüber hinaus weisen die Daten eine starke Überlappung zwischen Magersucht (Anorexia nervosa) und der Zwangsstörung (OCD) sowie zwischen OCD und dem Tourettesyndrom auf. Im Gegensatz dazu waren neurologische Störungen wie Parkinson und Multiple Sklerose deutlicher voneinander und von den psychiatrischen Störungen zu unterscheiden – mit Ausnahme der Migräne, die genetisch mit ADHS, der schweren depressiven Störung und dem Tourettesyndrom in Zusammenhang steht.
Diagnosekriterien anpassen
Laut den Wissenschaftlern deutet die ausgeprägte genetische Überlappung zwischen den psychiatrischen Störungen darauf hin, dass die aktuellen klinischen Diagnosekriterien die zugrundeliegende Biologie nicht widerspiegeln. "Die Ergebnisse der Studie könnten daher dazu führen, dass die diagnostischen Kategorien von psychischen Erkrankungen in der Zukunft neu strukturiert werden müssen", so Franziska Degenhardt vom Institut für Humangenetik des Uniklinikums Bonn. Langfristig könne die weitere Erforschung der genetischen Zusammenhänge dazu beitragen, die Diagnose und Therapie von Patienten mit neuropsychiatrischen Erkrankungen zu verbessern.