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Privater Garten wirkt erholsamer als Balkon

Frisches Grün wirkt erholsam auf das Gemüt: Schon lange ist bekannt, dass Pflanzen in der Wohnumgebung entspannen - ebenso, dass Tätigkeiten im Grünen eine gesundheitsfördernde Wirkung haben. Über den eigenen Garten geht dabei allerdings nichts. Forscher der MedUni Wien haben nun in einer neuen Studie herausgefunden, dass diese Grünräume deutlich erholsamer wirken, als etwa bepflanzte Balkone, Terrassen oder Wohnzimmer. An der Studie, die im Magazin "Urban Forestry & Urban Greening" veröffentlicht wurde, nahmen 811 Personen im Alter zwischen 16 und 82 Jahren teil.

Natürliche Elemente zählen für die Erholung

Dass Grünräume natürliche Wohlfühlräume sind, belegen bereits viele Untersuchungen. Doch entscheidend ist dafür die individuelle Nutzung, betont Studienleiterin Renate Cervinka, Gesundheitspsychologin am Zentrum für Public Health. "Unsere Befragung hat ergeben, dass der Erholungsfaktor umso höher ist, je mehr natürliche Elemente im Garten vorhanden sind." Vor allem kommt es offenbar umso mehr auf die Bepflanzung als auf die Möblierung an.

Persönliche Beziehung ist wichtigster Faktor

Als bedeutendsten Faktor bewerten die Wissenschaftler die persönliche Beziehung der Besitzer zu ihrem Garten. Wer im eigenen Grünen zufrieden ist, sich darüber freut und entspannen kann, erlebt mehr Resonanz. Cervinkas Botschaft lautet, seinen Garten naturnah zu gestalten. Vor allem aber so, dass man Freude daran hat. Also nicht etwaigen Modetrends hinterherlaufen, sondern nach Lust und Liebe garteln. "Wie bei jeder guten Beziehung kommt es also darauf an, dass der Garten den Bedürfnissen des Nutzers entspricht."

Was die Erholungsforschung herausgefunden hat

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In der Erholungsforschung ist das Erleben von Natur schon lange ein in vielen Studien belegter, wesentlicher Faktor, um den notwendigen Erholungsprozess in Gang zu bringen. „Reize aus der Natur haben die Eigenschaft, unsere Aufmerksamkeit auf zwanglose Art zu binden.“
Sich auf etwas ganz einzulassen, löst im Körper regenerative Prozesse aus. „Die Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit, abzuschalten. Das ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Erholung“, betont der Psychologe Gerhard Blasche, Erholungsforscher an der MedUni Wien.

So könne Belastendes am besten in den Hintergrund treten. „Nur wenn ich den Kopf frei habe, beschäftige ich mich nicht weiter damit. Ansonsten werden auch nach Ende der Stresssituation die gleichen Reize in den Körper gesendet.“ Abseits von Naturerlebnissen haben sich in Studien auch körperliche Aktivität (z. B. Sport), Entspannungstechniken wie Meditation oder auch freudvolle Erlebnisse bewährt. Im Grunde kommt es nur darauf an, genau das individuell Passende zu finden, betont der Erholungsforscher. „Die Essenz ist, dass man den Kopf freikriegen sollte.“

Erholungsbedürfnis wird unterschätzt

Dass gezielte Erholung in unserer schnelllebigen Zeit enorm wichtig ist, werde gerne unterschätzt, sagt Blasche. Das habe in jüngster Zeit neue Themen in der Erholungsforschung eröffnet: „Man muss die Menschen daran erinnern, dass Arbeit und Produktivität nicht alles sind.“ Dazu gehört auch, Pausen fix einzuplanen. „Sie stellen sich nicht automatisch ein – etwa wenn man abends müde ist – und sollten schon gar nicht dem Zufall überlassen werden.“