OP-Wartezeiten: Privatpatienten bevorzugt
Rein rechtlich gesehen gibt es zwischen Privat- und Kassenpatienten nur einen Unterschied: Erstere genießen bestimmte Privilegien, was das Zimmer und den Speiseplan betrifft ("Hotelkomponente"). Die Praxis ist - so ein neuer Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) - aber eine andere. 29 Krankenanstalten wurden wegen einer Grauen-Star-Operation kontaktiert:
- 18 Spitäler boten einer anonymen Testperson im Falle einer Privatversicherung eine teilweise deutliche Verkürzung der Wartezeit an: Im Extremfall bis zu 28 Wochen.
- Im Rahmen einer offiziellen Anfrage teilten noch sieben Spitäler mit, dass sich die Wartezeiten für Privatversicherte verkürzen.
- Vier Spitäler machten der Testerin überdies ein besonderes Angebot: Die Wartezeit ließe sich voraussichtlich verkürzen, wenn vor dem Eingriff ein Besuch in der Privatordination des Primars erfolgen würde - gegen entsprechende privat zu begleichende Kosten.
Die offiziellen Wartezeiten für Kassenpatienten schwankten enorm zwischen zwei und bis zu 40 Wochen. Gegenüber der anonym wartenden Testperson wurden sogar Wartezeiten bis zu 48 Wochen genannt.
"Sauerei"
Im Ö1-Mittagsjournal bezeichnete Gesundheitsminister Alois Stöger die Bevorzugung von Privatpatienten als eine "Sauerei". Die Menschen müssten gleichen Zugang zur Medizin haben, "Punkt, aus." Die Sozialversicherung finanziere das gesamte Gesundheitssystem, daher müssten die Beitragszahler auch ernst genommen werden. Stöger erhofft sich eine Verbesserung der Situation durch eine Gesetzesnovelle, die 2012 in Kraft trat: Bundesweit soll es dann transparente Wartelisten geben, die eine Vorreihung von Privatpatienten verhindern sollen.
Im Wiener Krankenanstaltenverbund wurde bereits 2008 ein elektronisches Anmeldemanagement eingeführt. Die Anmeldezeiten seien seither in vielen Fächern deutlich gesunken - im Krankenhaus Hietzing etwa für Graue-Star-Operationen von zwölf auf maximal drei Wochen. Prim. Rudolf Roka, Chef der Chirurgie in der Wiener Rudolfstiftung: "Privatpatienten kommen genauso in dieses Vormerksystem wie Kassenpatienten."