Österreich: Land der jugendlichen Raucher
Österreich hat ein großes Problem mit jugendlichen Rauchern. Wie eine am Donnerstag veröffentlichte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt, rauchen 25 Prozent (bei Mädchen sind es sogar 29 Prozent) der 15-Jährigen zumindest einmal pro Woche. Damit liegt Österreich klar auf Platz eins aller OECD-Länder, dicht gefolgt von Tschechien und Ungarn.
Heimische Jugendliche greifen auch gerne zum Alkohol, besonders das männliche Geschlecht ist diesen Getränken nicht abgeneigt. 31 Prozent der 15-jährigen Mädchen und 39 Prozent der 15-jährigen Burschen waren hierzulande zumindest zweimal betrunken. Österreich liegt hier auf Platz zehn, auf den ersten Rängen zeichneten sich Dänemark, Finnland und Großbritannien klar ab. In Dänemark trinken 56 Prozent der Mädchen und 55 Prozent der Burschen regelmäßig.
Rauchverbot und neue Suchtstrategie
Die Problematik um jugendliche Raucher und Trinker ist nicht neu und auch im Gesundheitsministerium ein großes Thema. "Wir müssen dafür sorgen, dass Jugendschutz und Rauchverbot eingehalten wird", sagt ein Sprecher von Minister Alois Stöger dem KURIER. Der Minister trete auch ausdrücklich für ein Rauchverbot in der Gastronomie ein. Aufgrund der bekannten Problematik startete im Jahr 2011 ein Dialog zwischen Experten aus Praxis und Wissenschaft, daraus entstand die große DELPHI-Studie mit dem Schwerpunkt Jugendliche, die im Sommer 2013 veröffentlicht wurde.
Diese stellt nun das Fundament für die 2014 startende "nationale Suchtstrategie" dar, bei der erstmals alle österreichweiten Aktivitäten – etwa zur Nikotinentwöhnung – gebündelt werden. "Bisher gab es in vielen Bereichen zahlreiche Einzelinitiativen. Doch sie müssen koordiniert und abgestimmt werden", heißt es im Gesundheitsministerium. Die nationale Strategie umfasst alle Altersgruppen, der Schwerpunkt liegt aber ganz konkret auf den Jugendlichen. Und auf den "Alltagssüchten". Denn: "Bei Alkohol und Rauchen herrscht in Österreich kaum ein Gesundheitsbewusstsein."
12,2 Liter Alkohol pro Kopf
Doch nicht nur Jugendliche greifen gerne zu Wein oder Bier, auch die Erwachsenen sind hierzulande dem Alkohol nicht abgeneigt. Auch wenn sich der Konsum seit 1990 um 18 Prozent verringert hat, trinken die Österreicher innerhalb eines Jahres immer noch 12,2 Liter Alkohol pro Kopf. Den höchsten Wert wies Luxemburg mit 15,3 Litern aus. Die Zahlen zum Rauchen und Trinken der Jugendlichen wurden im Zeitraum 2009 bis 2010 ermittelt, jene der Erwachsenen stammen aus dem Jahr 2011.
Obwohl die Problematik von Übergewicht immer größer wird, kommen Österreichs Kinder zumindest im OECD-Länderranking noch vergleichsweise glimpflich davon. Durchschnittlich sind 23 Prozent der Buben und 21 Prozent der Mädchen in OECD-Ländern von Gewichtsproblemen bzw. Fettleibigkeit betroffen, wobei Buben eher zu extremem Übergewicht tendieren als Mädchen. Mehr als 30 Prozent der Kinder in Griechenland, Italien, Neuseeland und den USA sind übergewichtig. In Österreich sind laut diesen Daten weniger als 20 Prozent betroffen. Allerdings hat die Zahl übergewichtiger Kinder in der Alpenrepublik in den vergangenen Jahren (2001 bis 2009) stetig zugenommen.
Das könnte auch daran liegen, dass der tägliche Konsum von Gemüse bei Österreichs Kinder sehr zu wünschen übrig lässt, vor allem bei den Buben. 60 Prozent der Mädchen in Belgien essen täglich Gemüse, gefolgt von Dänemark, Frankreich, Kanada und der Schweiz (45 bis 50 Prozent). In Österreich stürzen sich nur knapp über zehn Prozent der Buben und knapp über 20 Prozent der Mädchen auf Salat und Co. Unser Land belegt damit den drittletzten Platz vor Ungarn und Estland. Früchte werden hierzulande noch eher konsumiert, vor allem von den Mädchen (über 35 Prozent täglich).
Eine Stunde tägliche Bewegung
Die heimischen Kinder und Jugendlichen (im Alter von elf bis 15 Jahren) bewegen sich immerhin täglich eine Stunde (beinahe 40 Prozent), obwohl Bewegung in diesem Alter normalerweise stetig abnimmt. Somit liegt Österreich klar auf Platz eins im Ländervergleich. Italien bildet mit rund zehn Prozent das Schlusslicht.
Der schlechte Lebensstil hat chronische Krankheiten und Demenz zunehmen lassen. 2011 litten nahezu sieben Prozent der 20- bis 79-Jährigen in den OECD-Ländern bzw. mehr als 85 Millionen Menschen an Diabetes. Österreich liegt mit 6,8 Prozent knapp unter dem Durchschnitt. Am häufigsten ist die Krankheit in Mexiko vertreten (15,9 Prozent). Allerdings ist das Risiko, an einer koronaren Herzerkrankung zu sterben, relativ groß (142 Fälle pro 100.000 Einwohner). Österreich liegt dabei auf Platz acht und damit weit über dem OECD-Durchschnitt von 122 pro 100.000 Einwohnern. Das Risiko, nach einem Schlaganfall zu sterben, ist vergleichsweise gering (48 Fälle pro 100.000 Einwohner), der OECD-Schnitt liegt bei 69 Fällen pro 100.000 Einwohner.
Krebs-Sterblichkeit sinkt
In den meisten OECD-Ländern ist die Sterblichkeitsrate nach Krebserkrankungen seit den 1990er-Jahren zurückgegangen (minus 15 Prozent), in Österreich sogar um 22 Prozent (von 1990 bis 2011). Durchschnittlich starben im Jahr 2011 211 Menschen pro 100.000 OECD-Einwohnern an Krebs, Österreich liegt dabei im Mittelfeld. Am niedrigsten war die Sterblichkeitsrate in Mexiko, am höchsten in osteuropäischen Ländern wie Ungarn, Slowenien und der Slowakei.
2011 lag die durchschnittliche Lebenserwartung in den OECD‐Ländern bei über 80 Jahren – das sind zehn Jahre mehr als im Jahr 1970. Die höchste Lebenserwartung im OECD‐Raum haben die Menschen in der Schweiz, in Japan und in Italien. In Österreich wird die Bevölkerung durchschnittlich 81,1 Jahre alt (der OECD-Durchschnitt liegt bei 80,1 Jahren).
Österreich gibt im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viel für das Gesundheitswesen aus und hat viele Ärzte und Spitalsbetten. Dies zeigt die am Donnerstag veröffentlichte OECD-Statistik "Gesundheit auf einen Blick". Bei den Spitalsaufenthalten liegt Österreich gar an der Spitze. In der Einschätzung der eigenen Gesundheit indes bewegen wir uns im Durchschnitt.
69,4 Prozent der Erwachsenen geben demnach an, sich guter Gesundheit zu erfreuen (alle Zahlen, wenn nicht anders angeführt, beziehen sich auf 2011). Dies trifft den OECD-Schnitt von 69 Prozent ziemlich genau. Für dieses Ergebnis werden insgesamt 4.546 US-Dollar (3.360,69 Euro) pro Kopf und Jahr für die Gesundheit ausgegeben, rechnet die OECD vor. Das ist viel weniger als etwa in den USA (8.508 Dollar), aber deutlich mehr als der OECD-Durchschnitt (3.339 Dollar).
"Pharmapaket" wirkt
Mit einem Anteil von 10,8 Prozent ist der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP 2011 im Vergleich zu 2010 (elf Prozent) leicht gesunken, im langfristigen Vergleich indes etwas gestiegen (2005: 10,4 Prozent, 2006: 10,2 Prozent). Der OECD-Schnitt beträgt 9,3 Prozent. Abgenommen haben in Österreich, wo die pharmazeutische Industrie per "Pharmapaket" in die Sparpflicht genommen wurden, die Ausgaben für Medikamente: von über 13 Prozent (Anteil der Gesamt-Gesundheitsausgaben) auf 11,7 Prozent im Jahr 2011.
Das Privatbudget der Österreicher wird durch Gesundheitsausgaben durchschnittlich, nämlich mit 2,8 Prozent der gesamten Haushaltsausgaben, belastet. 39 Prozent der Ausgaben gehen für Arztbesuche u.ä. drauf, 18 Prozent für Zahnbehandlungen, 27 Prozent für Medikamente.
So mancher Befund der OECD in der aktuellen Studie kann als bekannt vorausgesetzt werden. So praktizieren hierzulande überdurchschnittlich viele Ärzte, nämlich 4,8 pro 1.000 Einwohner (OECD-Schnitt: 3,2). Nur in Russland und in Griechenland sind es mehr - wobei in der griechischen Statistik auch Gesundheitsmanager, Forscher u.ä. berücksichtigt sind. Auch Sorgen über einen künftigen Ärztemangel sind zumindest anhand der OECD-Zahlen nicht berechtigt: Bei der Zahl der Medizinstudium-Absolventen liegt Österreich mit 19,9 pro 100.000 Einwohner überdeutlich an der Spitze (Rang zwei: Dänemark mit 16,8).
6,9 Arztbesuche
Bei den Arztbesuchen pro Kopf bewegen sich die Österreicher mit 6,9 im Mittel, unterdurchschnittlich ist dagegen die Zahl der Arztbesuche pro Arzt (was angesichts der hohen Arztanzahl nachvollziehbar ist). Die OECD weist überdies darauf hin, dass die Ärztedichte regional sehr unterschiedlich und wie in anderen OECD-Staaten vor allem in der Hauptstadt hoch ist.
Mit 7,7 Spitalsbetten pro 1.000 Einwohner liegt Österreich im Spitzenfeld, knapp nach Deutschland auf Platz fünf. Auch der Anteil an Akutbetten ist nach wie vor hoch. Die Auslastung wurde im Vergleich zu 2000 geringfügig verbessert. Absoluter Spitzenreiter ist Österreich bei den Spitalsaufenthalten (statistisch erfasst als "Spitalsentlassungen"): Mit 273 pro 1.000 Einwohner liegt Österreich hier mit großen Abstand vor dem zweitplatzierten Deutschland - und anders als andere Länder rechnet Österreich hier die Entlassung von gesunden Neugeborenen nicht ein, vermerkt die OECD. Mit einem im Schnitt 7,8 Tage dauernden Spitalsaufenthalt bewegen wir uns indes wieder im statistischen Mittel.
Eine mögliche Erklärung für die vielen Krankenhaus-Aufenthalte liefert die OECD-Statistik ebenfalls: Bei der Zahl der "vermeidbaren" Aufenthalte liegt Österreich ebenfalls vorne. Es handelt sich hierbei um die Behandlung chronischer Krankheiten, die, wie Kritiker immer wieder monieren, zu häufig vom niedergelassenen Bereich in den stationären verlagert würden. Besonders stark zeigt sich das bei Diabetes sowie der Lungenkrankheit COPD. Doch Österreich liegt auch bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Grund für einen Spitalsaufenhalt ganz weit vorne (36 pro 1.000 Einwohner) und bei den Krankenhausentlassungen wegen Krebs (29) gar an der Spitze.