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Nicht jeder will zu DrEd

Das klingt nach Geschäftemacherei." Gerald Bachinger, Sprecher der österr. Patientenanwälte, äußert sich ablehnend zu dem neuen Angebot der Online-Arztpraxis DrEd.com : Deutsche Ärzte verschreiben von London aus österreichischen Patienten bestimmte rezeptpflichtige Medikamente ohne persönlichen Kontakt – der KURIER berichtete. Voraussetzung ist, dass die Patienten Fragebögen ausfüllen und teilweise auch Fotos übermitteln.

„Es gibt sehr viele Möglichkeiten, eine falsche Entscheidung zu treffen, wenn man den Patienten nicht sehen kann", sagt Bachinger. „Und es bedeutet einen Qualitätsverlust, wenn man das heimische Gesundheitswesen ausblendet."

Bei Problemen könnten die Patientenanwälte keine Unterstützung anbieten: „Die ist nur für Patienten möglich, die in Österreich behandelt werden. Auch auf gerichtlicher Ebene wird es schwer sein, DrEd zur Verantwortung zu ziehen. "

Dass solche neuen Angebote offenbar angenommen werden zeige aber, dass es Informationsmängel im bestehenden System gibt: „Menschen, die enttäuscht sind von einem Drei- oder Fünf-Minuten-Termin beim Kassenarzt, wenden sich dann solchen Anbietern zu." Er sei deshalb für ergänzende Informationsangebote wie etwa medizinische Telefondienste, die Patienten auf einen Arztbesuch vorbereiten könnten – ohne diesen zu ersetzen.

„Wir halten den direkten Kontakt zum Arzt für notwendig, können diesen aber nicht kontrollieren", sagt Gudrun Reisinger von der Österr. Apothekerkammer: „Entspricht das Rezept den Kriterien des Rezeptpflichtgesetzes und ist es korrekt ausgestellt, wird das Medikament abgegeben."

Problembereiche

Ähnlich Sektionschef Gerhard Aigner vom Gesundheitsministerium: „Nach österreichischem Recht ist diese Fernbehandlung nicht zulässig, aber Rezepte, die in einem EU-Land ausgestellt wurden, sind – wenn keine Zweifel bestehen – zu akzeptieren." Er würde dieses Angebot nie annehmen: „Ich rate davon ab – vom Schadenersatz will ich gar nicht reden."

„Bei der Rechtsform von DrEd – einer Limited – gibt es eine Haftungsbeschränkung", sagt Medizinrechtsspezialist Marcus Essl. „Und wer trägt das Risiko, wenn ein Patient den Fragebogen unbewusst falsch ausfüllt? Das sind ja medizinische Laien. Oder wenn er zehn Jahre nicht beim Arzt war und Vorerkrankungen nicht bekannt sind?" Auch wenn Patienten mit Impotenz darauf hingewiesen würden, eine Herz-Kreislauf-Kontrolle durchzuführen: „Was passiert, wenn sie das nicht tun und es kommt zu deshalb zu einer Nebenwirkung eines Potenzmittels? Ist dann der Patient selbst verantwortlich, weil er die Untersuchung nicht durchgeführt hat?" Er möchte die möglichen Problembereiche aufzeigen, so Essl.

„Man hängt die Verantwortung dem Patienten um", sagt auch Ärztekammer-Experte Otto Pjeta: „Bei Impotenz etwa ist es notwendig, den Patienten abzuhören, den Blutdruck zu messen, eine Labordiagnostik und auch Zusatzdiagnosen wie ein EKG durchzuführen." Bei DrEd weist man die Kritik zurück: Durch die strenge Patientenauswahl habe es noch keine Probleme gegeben.