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Neue App: Liebe geht durch das Handy

Im Jahr 1904 schrieb Emmy an ihren Verlobten: „Mein lieber Rudolf! Nächste Woche sind wir Mann und Frau! Du kannst dir gar nicht denken, wie ein innerer Jubel in mir lebt!“ Heute surfen 18- bis 25-Jährige vier Stunden täglich mit ihren Mobiltelefonen im Internet oder schicken sich kurze Botschaften via sozialer Netzwerke und Nachrichtendienste. Die zwischenmenschliche Kommunikation hat sich verändert. Auch in der Liebe.

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Roman Weishäupl ist 34 Jahre alt und kommt aus Berlin. Der Trendforscher und Unternehmer fragt sich, was aus den guten, alten Liebesbriefen wurde: „Viele Menschen kommunizieren via SMS meist Banales wie ‚Vergiss das Brot nicht‘. Sie sollten wieder ein Papier herausholen, sich hinsetzen und einen Liebesbrief schreiben – das gibt es in der Form kaum noch.“ Weishäupl will dies ändern. Der Deutsche findet, dass für Romantik und Emotionen auch im digitalen Zeitalter Platz ist. Er kreierte eine Gratis-Software fürs Mobiltelefon mit dem Namen „Twyxt“(leitet sich vom altenglischen „betwixt“ ab und heißt „zwischen“).
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Die App ist ein soziales Netzwerk, das sich ausschließlich an Paare richtet. Sie können Nachrichten, Fotos und Emoticons, die Stimmungen zeigen, miteinander austauschen. Wie in einem Tagebuch werden die Inhalte archiviert und sind über einen Kalender abrufbar. Besondere Fotos oder Liebes-Botschaften kommen in das Schatztruhe-Symbol. Weishäupls Anspruch: „Wir wollen Emotionalität fördern und Beziehungen der Menschen besser machen.“ Ob dies Paartherapeuten unterschreiben würden? Häufig wird kritisiert, dass die Handy-Kommunikation den zwischenmenschlichen Austausch eher bremst. Trendforscher Weishäupl sieht es anders: „Wir glauben, dass wir durch unsere App die Kommunikation der Paare anreichern. In Gesprächen mit Nutzern zeigte sich, dass vor allem Männer durch die App emotionaler und mitteilsamer sind.“ Wenn die Kommunikation nicht unter SMS und eMails leiden, ist dann auch die Theorie falsch, wonach Menschen weniger schreiben?

Die Schweizer Germanistin Eva Lia Wyss, die sich vor allem mit Liebesbriefen befasst meint dazu: „Man könnte sich denken, früher ist mehr geschrieben worden. Damit liegt man aber falsch“, sagt Wyss. Gerade durch die Mobilität der Menschen, so Wyss, leben viele Menschen in Fernbeziehungen. „Hier ist das Schreiben eine wichtige Form des Austauschs.“

Wer seinem Liebsten aus der Ferne schreiben will, dafür aber keine Worte findet, bekommt online Unterstützung. Die „Liebesbriefschreiber“-App verlangt nach Geschlecht des Empfängers und Stilrichtung. Leidenschaftlich oder geschäftlich distanziert? Hätte Emmy 1904 diese Wahl gehabt, wäre ihrem Rudolf sicher ganz warm unterm Zylinder.

Hersteller wollen das Zusammenleben von Paaren unterhaltsamer und organisierter machen und bringen neue Apps (Programme fürs Mobiltelefon) auf den Markt. Mit „Avocado“ oder „Couple“ können Nutzer chatten, eine gemeinsame Aufgabenliste mit dem Partner anlegen oder sich Fotos zuschicken. Heftiger wird es bei der Spiele-App „InterLove Pro“, die wie Flaschendrehen funktioniert. Der Spieler dreht zunächst den Zeiger am Handy-Bildschirm und wartet bis dieser bei einer der erotischen Aufgaben stehen bleibt. Der Partner darf diese dann erfüllen.

Verführung in kulinarischer Hinsicht bieten die Hersteller der App „Erotische Rezepte“. Kategorien wie „Vorspiel“, „süße Sünden“, „Betthupferl“ und „der Morgen danach“ sollen das Liebesleben anregen. Allerdings nicht kostenlos. Die Anwendung ist um 1,79 Euro im App-Store erhältlich. Einfallslose Menschen können sich von der Gratis-App „Liebe!“ mit romantischen Sprüchen und Geschenks-Ideen für den Partner helfen lassen. Einmal das Handy schütteln und es erscheint einer von 101 Vorschlägen auf dem Display.

Wer seine Beziehung infrage stellt, dem versucht die „Paartrainer“-App die Entscheidung zu erleichtern. Mit ernsten und lustigen Fragen kann man testen, ob Werte und Wünsche mit dem Liebsten übereinstimmen. Derartige Beziehungsfragen können auch den Sternen überlassen werden. In der App „Astro Love Free - Liebes-Prognosen in Echtzeit“ gibt man das Sternzeichen des Partners ein und erhält eine Vorschau für die gemeinsame Zukunft.

Vergessliche Verliebte erinnert die App „My Love“ daran, wie lange man schon in einer Beziehung ist. Ausreden für den verschwitzten Jahrestag gelten damit nicht mehr.