„Ohne Plasmaspender würden viele von uns nicht mehr leben“
Von Ernst Mauritz
„Normalerweise sagt man, eine Erkältung dauert eine Woche – bei mir waren es acht bis zehn Wochen. Und die Symptome waren auch viel schwerer, ich war bereits in der ersten Volksschulklasse ein halbes Jahr im Spital.“ Karin Modl, 52, leidet an einem angeborenen Immundefekt – ihr fehlen Immunglobuline im Blut, die eingedrungene Krankheitserreger unschädlich machen.
Sie bekam die unterschiedlichsten Diagnosen: Lymphdrüsenkrebs, Burn-out, auch zu einem Psychiater wurde sie überwiesen. Jedes Jahr verbrachte sie mehrere Monate im Spital: „Infektionen verliefen bei mir nie leicht. Ich hatte viele schwere Lungenentzündungen.“
Erst mit 38 wurde die richtige Diagnose gestellt: Primärer Immundefekt. Seither muss sie sich spezielle Immunglobuline injizieren – diese können nur aus menschlichem Plasma gewonnen werden. „Für ein Fläschchen werden 18 bis 20 Plasmaspender benötigt – und ich brauche zwei Fläschchen in der Woche. Aber seit ich sie bekomme, kann ich ein normales Leben führen.“ Ihre Tochter Manuela, 29, hat den Immundefekt geerbt – und ist ebenfalls auf Immunglobuline angewiesen. „Ohne Plasmaspender würden viele von uns Patienten mit Immundefekten nicht mehr leben.“ Modl hat eine Selbsthilfegruppe (www.oespid.org) für Betroffene gegründet. Einige Zehntausend Menschen gehen in Österreich regelmäßig Blutplasma spenden . Künftig soll verstärkt auf ihre lebenswichtige Bedeutung hingewiesen werden – etwa durch eine jährliche „Woche der Plasmaspende“.
Eines der führenden Unternehmen auf diesem Gebiet weltweit ist Baxter. In Wien-Donaustadt befindet sich der größte Produktionsbetrieb für Plasmaprodukte des US-Konzerns außerhalb der USA. In einem Arbeitsgang werden 18 unterschiedliche Eiweißmoleküle gewonnen, sagt Eva Bettina Stefan von Baxter BioScience. Um vier Gramm Immunglobuline zu erhalten, ist ein Liter Plasma notwendig. Und eine Behandlungseinheit entspricht zirka 30 Gramm.
Bei jeder Sitzung werden einem Spender zwischen 600 und 800 Milliliter Plasma entnommen. Als Aufwandsentschädigung erhalten sie 20 Euro pro Spende – und profitieren von engmaschiger medizinischer Betreuung.
Jährlich werden in Wien 2,2 Millionen Liter Blutplasma verarbeitet – davon sind 230.000 Liter aus Österreich, die in sieben Plasmazentren gewonnen werden. „90 Prozent der Produkte, die wir in Wien herstellen, gehen in den Export“, so Baxter-Sprecher Michael Heinrich. Auch in der Notfallmedizin wird ein Plasmaprodukt (Humanalbumin) eingesetzt, ebenso in der Chirurgie zum Verschließen von Wunden. Im Körper eines Erwachsenen zirkulieren im Schnitt fünf Liter Blut, davon sind drei Liter Plasma.