Müssen wir uns ums Martinigansl sorgen?
Von Ingrid Teufl
Das in sechs europäischen Ländern grassierende Vogelgrippe-Virus H5N8 hat nun erstmals einen österreichischen Hausgeflügelbetrieb erreicht. Das bestätigte das Gesundheitsministerium am Freitag. Der Betrieb für Freiland-Putenmast am Vorarlberger Bodenseeufer liegt in unmittelbarer Nähe vom Fundort infizierter Wildvögel. Um den Hof wurde eine Schutzzone von drei Kilometern eingerichtet. Für Menschen besteht keine Gefahr einer Infektion, sagen Experten. Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist die Vogelgrippe eigentlich?
Es handelt sich um eine Infektion mit Influenzaviren, die sich im Atmungstrakt vermehren. Der Erreger wurde erstmals 1878 in Italien festgestellt. Die Viren werden in Typ A, B und C unterteilt. Durch Genveränderungen entstehen ständig neue Varianten von Grippeviren. Auch die krankmachenden Eigenschaften verändern sich dadurch. Die Tierseuche – aviäre Influenza oder Geflügelpest – wird durch Viren des Typs A verursacht.
Beim Influenzavirus A gibt es verschiedene Subtypen mit unterschiedlicher Gefährlichkeit. An ihrer Oberfläche enthalten sie Stoffe, die mit H (Hämagglutinin) und N (Neuraminidase) bezeichnet werden. Die aggressiveren Varianten H5 und H7 führen zu schweren Erkrankungsfällen. Die Tiere sterben innerhalb von 24 bis 48 Stunden. Der aktuell aktive Subtyp H5N8 ist ebenfalls für Vögel hochpathogen.
Warum sind gerade Vögel davon betroffen?
Hühner und Puten reagieren auf die Virustypen H5 und H7 am empfindlichsten. „Bei H5N8 passen die Gentypen von Virus und Tier am besten zusammen, wie ein Schlüssel ins Schloss“, erklärt Univ.-Prof. Friedrich Schmoll, Leiter des Geschäftsfelds Tiergesundheit der AGES und des Veterinärmedizinischen Instituts Mödling. In diesem Referenzlabor wurden auch die Virusproben aus Vorarlberg aktuell untersucht.
Können sich auch Menschen anstecken?
„Weltweit ist kein Fall einer Infektion mit H5N8 bekannt“, betont Schmoll. „Es gibt auch keine Verdachtsfälle.“ Anders war dies bei der Vogelgrippe A(H5N1) im Jahr 2006, als die Erkrankung bei engerem Kontakt mit Geflügel übertragen wurde, etwa in einigen chinesischen Regionen. Eine daraufhin befürchtete Übertragung von Mensch zu Mensch durch eine Virenmutation fand nicht statt. Auch das vor einigen Jahren in China aufgetretene Vogelgrippevirus A(H7N9) hatte diese Fähigkeit nicht.
Können sich Haustiere wie Katzen oder Hunde, die sich gern im Freien aufhalten, mit H5N8 infizieren?
Katzen können selbst nicht erkranken. „Mir ist kein Fall bekannt, wo dies eingetreten wäre“, sagt Schmoll. Hunde sollten beim Spazierengehen generell an die Leine genommen werden. „Das gilt auch abseits der Geflügelpest – ebenso, einen nach Hause gebrachten toten Vogel nicht mit bloßen Händen zu berühren.“ Trifft man selbst auf tote Tiere, solle man sie keinesfalls selbst entsorgen, sondern die Gemeinde oder den Amtstierarzt informieren.
Darf man Martinigansl, Huhn oder Pute essen?
Für Konsumenten besteht keine Gefahr, betont Schmoll. „Zur Schlachtung und in den Handel dürfen nur gesunde Tiere gelangen.“ Zudem ist das Virus sehr empfindlich gegenüber Hitze. „Schon einige Sekunden mit 70 Grad erhitzen machen es unschädlich.“ Schmoll rät generell zu den „üblichen Hygienemaßnahmen“ wie rohes Fleisch getrennt aufzubewahren und Besteck gründlich zu waschen.
Wie lange wird es dauern, das Virus einzudämmen?
Hier traut sich Veterinärexperte Schmoll keine Prognose abzugeben. „Da momentan mehrere Länder betroffen sind, muss man damit rechnen, dass noch weitere Fälle auftreten.“ Tauchen auffällige Tiere etwa in Geflügelbetrieben auf, werden Proben untersucht. Bei einer Bestätigung werden die Tiere gekeult und der Betrieb desinfiziert.