Mann, 28,9 Jahre, trainiert
Von Ernst Mauritz
Männlich, durchschnittlich 28,9 Jahre alt, gut trainiert, Freizeitfußballer oder Mountainbiker“ – das, sagt Prim. Univ.-Prof. Herbert Resch, Leiter der Salzburger Uni-Klinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, „ist keine Kontaktanzeige. Das ist der klassische Sommersport-Unfallverletzte mit Verletzungen am Unterschenkel oder Knie.“
Rund 60 Prozent der Sommersportverletzungen der Klinik im Jahr 2012 ereigneten sich beim Fußballspielen – häufig „im ambitionierten Zweikampf“, wie Resch sagt. Dass es dabei, wie vielfach angenommen, nur die Untrainierten trifft, ist falsch: „85 Prozent der verletzten Hobbyfußballer waren in einem sehr guten oder guten Trainingszustand.“
„Bei risikofreudigen Sportler besteht die Tendenz, bei einem guten Trainingszustand die Grenzen mehr auszuloten“, sagt auch der Wiener Unfallchirurg Univ.-Prof. Christian Gäbler von der Sportordination Wien. „Das kann natürlich gerade bei High-Risk-Sportarten wie Mountainbiken sehr ins Auge gehen.“
Andererseits fallen in untrainiertem Zustand viele Verletzungen noch schlimmer aus: „Training kräftigt nicht nur die Muskulatur, es verbessert auch das Reaktionsvermögen und die Koordination. Deshalb hat Training grundsätzlich einen Schutzeffekt – vor Unvernunft schützt es allerdings nicht.“ Schlechterer Trainingszustand sei auch der Grund dafür, dass es beim Fußball in den niedrigeren Spielklassen zu mehr Verletzungen komme als in der Bundesliga.
Trampolin nur alleine
Immer mehr Kinder verletzen sich beim Trampolinspringen, warnt Oberarzt Jörg Schnell von der Salzburger Uni-Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie. „Bei 77 Prozent dieser Unfälle waren zwei oder mehrere Personen auf dem Trampolin. Es soll aber immer nur ein Kind auf dem Trampolin springen.“
Eine Häufung an Verletzungen sieht Unfallchirurg Reinhard Weinstabl von der Wiener Privatklinik bei jungen Wasser-Sportarten wie Kitesurfen (Drachen zieht Surfer) oder Wakeboarden (Motorboot oder Seilbahn zieht Sportler auf dem Brett): „Die Risiken werden unterschätzt. Wir haben immer wieder Patienten, die sich dabei Knieverletzungen durch abrupte Drehbewegungen oder Schulterverrenkungen zuziehen.“
„Schmerzen und Schwellungen, die zwei Tage nach der Verletzung noch immer bestehen, gehören rasch abgeklärt, um Spätschäden zu verhindern“, betont Gäbler. „Eine rasche Operation etwa nach Knieverletzungen ist häufig sinnvoller als monatelanges Zuwarten.“
Laut einer Freitag veröffentlichten Spectra-Umfrage betreiben 57 Prozent der Österreicher selten oder überhaupt nie Sport. Nur rund 24 Prozent sind regelmäßig sportlich aktiv.
Trotz eines gewissen Unfallrisikos überwiege der Nutzen von Sport und Bewegung deutlich. Gäbler: „Studien zeigten, dass man damit die Lebenserwartung um vier bis sechs Jahre verlängern kann.“ Aber auch die Lebensqualität insgesamt steigt: „Wer sich regelmäßig bewegt, kommt im Alter länger ohne Hilfe zurecht.“
Der blödeste Sommerunfall aller Zeiten ging so: Ein Jugendlicher möchte bei seiner ersten Reitstunde schwungvoll aufs Pferd steigen – und fällt wie in Zeitlupe auf der anderen Seite wieder runter. Der daneben stehende Reitlehrer/Vater schüttelte nur den Kopf und sagte leise: „Wir sind hier ja nicht beim Stummfilm.“ Die Verletzungen – eine gestauchte Zehe, ein verschmutzter Hosenboden, ein geprellter Stolz – heilten rasch, der junge Mann gab das Reiten auf und wurde lieber Journalist.
Im Sommer, wenn der Lockruf des Sports besonders verführerisch zu hören ist, passieren besonders viele Unfälle. Die meisten, sagen Ärzte, betreffen junge Männer, die beim Fußballspielen zu viel Ehrgeiz entwickeln. Gefährlich sind außerdem Sportgeräte wie Mountainbike oder Kite-Surf-Board, mancher tut sich aber auch beim Biertrinken in der Hitze weh und hat nachher Kopfschmerzen.
Klar, beim Sport kann man sich verletzen. Die beliebteste Sportart in Österreich – auf der Couch liegen – birgt aber auch Risiken für die Gesundheit.