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Machen Antibiotika dick?

Die eine Mäusegruppe bekam ein sehr kalorienreiches Futter. Die andere erhielt als zusätzliche Zutat noch Antibiotika untergemischt. "Die Ergebnisse der Studie waren dramatisch", berichtete kürzlich die New York Times: Bereits geringe Mengen der bakterienabtötenden Medikamente veränderten den Stoffwechsel junger Mäuse derart, dass sie einen doppelt so großen Fettzuwachs hatten wie die Mäuse ohne jegliche Antibiotika-Gabe.

Die Studie wurde von dem Infektiologen Martin Blaser von der New York University durchgeführt. Er wertete auch die Daten von mehr als 11.000 Kindern aus, die 1991 und 1992 in Großbritannien auf die Welt gekommen waren. Wurde ihnen vor ihrem sechsten Lebensmonat wegen eines Infekts ein Antibiotikum verordnet – das traf auf nahezu ein Drittel der Kinder zu – stieg ihr Risiko für Übergewicht im Alter zwischen zehn Monaten und drei Jahren um bis zu 22 Prozent.

"Unsere Beobachtungen stimmen mit der Annahme überein, dass unsere moderne, kalorienreiche Ernährungsweise alleine die Fettleibigkeits-Epidemie nicht erklären kann und Antibiotika mitbeteiligt sein könnten", sagt Blaser. Dies könne mit der Veränderung der Darmflora durch die Medikamente zu tun haben. Und er verweist darauf, dass in den USA schon in den Vierzigerjahren damit begonnen wurde, Nutztieren Antibiotika in niedriger Dosis ins Futter zu mischen, um sie rascher und besser mästen zu können.

"Kein Beweis"

Äußerst skeptisch äußert sich die Antibiotika-Spezialistin Univ.-Doz. Petra Apfalter, Leiterin des Instituts für Hygiene, Mikrobiologe und Tropenmedizin der Elisabethinen in Linz: "Die Daten über einen möglichen Zusammenhang von Übergewicht und Antibiotika stehen auf sehr schwachen Beinen. Wissenschaftlich ist das nicht bewiesen. In Fachkreisen ist das kein Thema." Auch andere Experten kritisierten, dass die Studie mit den Kinderdaten nur einen statistischen Zusammenhang herstellt: Ob tatsächlich die Antibiotika für ihr höheres Übergewichtsrisiko verantwortlich sind – oder das gemeinsame Auftreten von Antibiotika und Übergewicht rein zufällig ist –, ist nicht geklärt.

"Ich würde mich im Zusammenhang mit Antibiotika nicht vor Übergewicht, sondern vor möglichen Nebenwirkungen – etwa starken Durchfällen – fürchten", sagt Apfalter: Diese Nebenwirkungen und auch die Entwicklung resistenter Erreger seien die Hauptgründe, warum Antibiotika nur dann verschreiben werden sollen, "wenn sie wirklich notwendig sind", betont Apfalter: "Hier müssen wir noch mehr aufklären, dass ein Schnupfen keine bakterielle Infektion ist."

"In tierischen Lebensmitteln sind in Österreich praktisch keine Rückstände von Antibiotika nachweisbar", sagt Werner Windhager von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). 2012 wurden in fünf von 3421 Proben (0,1 %) Antibiotika-Rückstände über dem erlaubten Grenzwert gefunden. Und bereits seit 2006 ist es EU-weit verboten, Antibiotika als Leistungsförderer in der Tiermast einzusetzen.

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