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Brite wird von Pommes betrunken

Beim ersten Mal wusste Nick Hess nicht, wie ihm geschieht. Plötzlich war er albern und ordinär. Manchmal ist ihm aus unerklärlichen Gründen schlecht, mit Bauchschmerzen und Kopfweh. „Für ein Jahr bin ich jeden Tag in der Früh aufgewacht und musste mich übergeben“, erzählte der 34-Jährige der BBC. „Manchmal dauerte dieser Zustand einige Tage an, manchmal fühlte ich mich einfach betrunken.“

Allerdings hatte der Brite keinen Alkohol getrunken, auch wenn ihm das niemand glaubte. Sogar seine Frau durchsuchte einmal das Haus von oben nach unten nach verstecktem Schnaps. Er selbst konnte erst glauben, dass er sich wie ein Betrunkener verhält, als seine Frau ihn dabei filmte.

"Eigenbrauer-Syndrom"

Es dauerte mehrere Jahre und unzählige Untersuchungen bis er die richtige Diagnose erhielt. Die Ursache für seine Symptome ist das sogenannte „Eigenbrauer-Syndrom“, eine seltene Erkrankung. Bei Betroffenen ist die Mikrobiologie des Darms gestört – etwa durch falsche Ernährung oder durch eine Behandlung mit Antibiotika. Bei manchen siedeln sich Hefepilze an, die bei Kohlenhydraten und Zucker aus der Nahrung eine alkoholische Gärung in Gang setzen. Pommes, Pasta, Reis und andere kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel lösen bei dem Briten dieselben Rauschsymptome aus, wie bei anderen der Konsum von alkoholischen Getränken. Schon eine Portion Pommes reicht aus, um Hess betrunken zu machen.

Das Eigenbrauer-Syndrom wurde erstmals in den 1970er Jahren in Japan beschrieben. Betroffene können oft einen Zusammenhang mit einer länger anhaltenden Antibiotika-Einnahme feststellen. Es kann passieren, dass Antibiotika die Bakterien im Darm angreifen. In dieser Zeit kann sich der Hefepilz vermehren und überhand nehmen. Bei einer seiner ersten Untersuchungen nach der Diagnose hatte Nick Hess um 400 Prozent mehr Hefepilze in seinem Darm als er haben sollte. Obwohl aber viele Menschen Antibiotika einnehmen, kommt das Eigenbrauer-Syndrom sehr selten vor.

Einfluss können Betroffene über die Ernährung nehmen. Hess hält etwa eine strenge Kohlenhydrat-Diät ein und nimmt zusätzlich ein Anti-Pilzmittel. Seither ist er etwa ein- bis zweimal pro Monat „betrunken“ ohne Alkohol zu trinken, zuvor war es täglich. Um das Syndrom medizinisch besser beschreiben zu können, braucht es laut Experten allerdings mehr Studien.

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