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Großer Aufklärungsbedarf bei Herzschwäche

Es war eine Frage an den Kardiologen, die bei einer Diskussion über eine Erkrankung des Herzens – in diesem Fall Herzschwäche – auf der Hand liegt: "Ist das Kippen des Rauchverbots ein Skandal?" – "Aus meiner Sicht absolut", antwortete Prof. Christian Hengstenberg (MedUni Wien/AKH Wien).

Er hat seit Oktober die Professur für Kardiologie an der MedUni Wien inne. "Jeder, der medizinischen Sachverstand hat, kann nur den Kopf schütteln. Ich verstehe es überhaupt nicht. Ich kann nicht nachvollziehen, warum so eine absolut sinnvolle Maßnahme wie das Rauchverbot nicht umgesetzt wird." Hengstenberg war einer der Diskutanten am Podium beim Gesundheitstalk "Herzschwäche" von KURIER, MedUni Wien und Novartis.

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Infarkt ist ein Auslöser

Rauchen ist einer der Risikofaktoren für Herzinfarkte. Warum in der Folge eine Herzschwäche entstehen kann, erklärte die Internistin und Kardiologin Heidemarie Prager aus Gänserndorf (NÖ) so: "Im Infarktgebiet kann der Muskel nicht mehr so gut pumpen und entwickelt eine Schwäche. Oder es kann sogar eine Narbe entstehen." Auch ein schlecht eingestellter Bluthochdruck, Probleme mit den Herzklappen oder Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern können zur Herzschwäche führen.

"Auf die Herzschwäche wird erst seit einigen Jahren größeres Augenmerk gelegt", sagte Franz Radl, Präsident des Wiener Herzverbandes und selbst ein Betroffener. "Früher hat man die Symptome wie zunehmende Schwäche und Atemnot einfach auf das höhere Alter geschoben und abgetan. Das hat sich aber geändert."

Erklärung für die Atemnot

"Wenn Belastungen, die man bisher gut geschafft hat – wie etwa Stiegensteigen – plötzlich viel schwieriger zu bewältigen sind, kann das ein Anzeichen für eine Herzschwäche sein", erklärte Hengstenberg. Oder wenn man – aufgrund der Pumpschwäche des Herzmuskels – mehrere Kilo innerhalb kürzester Zeit zunimmt: Das Wasser sammelt sich dann nicht nur in den Beinen, sondern zum Beispiel auch in der Lunge an: "Damit erklärt sich auch die Atemnot."

Bei der Herzschwäche sollte die tägliche Gesamtzufuhr an Flüssigkeit in der Regel 1,5 Liter nicht überschreiten, betonte Hengstenberg: Da müsse man aber zum Beispiel Tee, Kaffee, Yoghurt, Salat und Obst mit berechnen.

Unruhiges Herz in der Nacht

"Viele Patienten sagen auch, dass sie in der Nacht aufwachen, weil ihr Herz so unruhig sei", erzählte Prager. "Das muss man abklären – unter anderem sind da ein 24-Stunden-Langzeit-EKG oder auch ein Belastungstest angezeigt."

Einen Herzschrittmacher im klassischen Sinn – der das Herz unterstützt, wenn es zu langsam wird – braucht man bei der Herzschwäche nicht, beantwortete Hengstenberg eine entsprechende Frage aus dem Publikum. Vielmehr könne das Herz zu schnell werden – dagegen gebe es implantierbare Defibrillatoren. Fängt das Herz zu rasen an, geben sie einen Stromstoß ab und bringen damit das Herz in seinen normalen Rhythmus zurück.

Missverständnisse

"Die Therapie der Herzschwäche benötigt viel Zeit", betonte Prager. Viele Befunde müssen erhoben werden, viele Kontrollen sind notwendig. "Ganz wichtig ist es auch, die Angehörigen einzubeziehen." Hausarzt, Kardiologe und Krankenhaus sollten ein Netzwerk bilden.

Die Kardiologin verwies darauf, dass es bei der Einnahme der Medikamente oft ein Missverständnis gebe: "Die Therapie beginnt mit Blutdruckmedikamenten – aber man nimmt sie nicht nur, um Bluthochdruck zu behandeln." Auch wenn der Blutdruck bereits gut eingestellt ist, sollte man sie bei der Herzschwäche weiter aufdosieren, bis die Zieldosis erreicht ist: "Hier herrscht großer Aufklärungsbedarf, dass diese Medikamente und das Aufdosieren wirklich wichtig sind." Franz Radl stimmte zu: "Ich lebe jetzt schon seit 25 Jahren mit den Medikamenten – wenn ich sie nicht und nicht in der richtigen Dosis genommen hätte, säße ich heute nicht mehr hier."

Informationen für Patienten beim Österreichischen Herzverband und den Landesverbänden.

Der nächste Gesundheitstalk von MedUni Wien, KURIER und Novartis findet am 14. März 2018, 18.30 Uhr, statt. Experten werden über das Thema Alzheimer/Demenz – von der Prävention bis zur Therapie – diskutieren.

Van-Swieten-Saal der Medizinischen Universität Wien, Van-Swieten-Gasse 1a (Ecke Währinger Str.), 1090 Wien.