Chronische Müdigkeit: Bereits Jugendliche sind betroffen
Von Ingrid Teufl
Extreme Müdigkeit, die über Monate anhält – dazu unter anderem grippeähnliche Symptome, Muskelbeschwerden, Schwindel oder Herzbeschwerden – das sogenannte "chronic fatigue syndrome" (CFS) ist zwar schon seit dem Ende der 1960er-Jahre von der WHO als neuroimmunologische Krankheit anerkannt. Doch noch immer wird CFS von den Betroffenen und Mediziniern nicht richtig eingeordnet. Zunehmend leiden auch Kinder und Jugendlich darunter.
Laut einer neuen umfangreichen Studie sogar mehr, als bisher angenommen wurde. Forscher der Universität Bristol analysierten dafür die Daten von 5756 Kindern. Sie fanden heraus, dass fast zwei Prozent der 16-Jährigen länger als sechs Monate an diesem Erschöpfungssyndrom litten und knapp drei Prozent immerhin länger als drei Monate. Bei Mädchen wurde die Erkrankung doppelt so häufig festgestellt wie bei Burschen. In Summe dürfte einer von 50 Jugendlichen betroffen sein. Die Wissenschaftler kündigen nun weitere Untersuchungen an, um die Erkrankung insbesondere bei jungen Menschen besser diagnostizieren zu können.
Müdigkeit kommt gerade im Teenager-Alter, wenn sich Körper und Gehirn stark verändern, häufiger vor. Doch das chronische Fatiguesyndrom wirkt sich so stark aus, dass der Schulbesuch nicht möglich ist. In der aktuellen Studie verloren die Betroffenen im Schnitt mehr als einen halben Schultag pro Woche. In Deutschland, wo von insgesamt 40.000 Kinder und Jugendliche unter den 300.000 Menschen mit schwerem chronischem Fatiguesyndrom sind, können rund 40 Prozent der Kinder aufgrund der Schwere gar nicht zur Schule gehen.
Soziale Probleme
Was die britischen Forscher allerdings erstaunte: Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, CFS sei eher eine "Mittelschicht-Krankheit" ("yuppie flu"), hatten die Jugendlichen häufig mit schwierigen Familienverhältnissen und Armut zu kämpfen. Häufig fehlte auch finanzielle Unterstützung der Eltern. Prim. Klaus Schmitt, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Kepler Uni-Klinikum Linz, warnt jedoch vor Verallgemeinerungen: "Krankheiten gehen quer durch die Gesellschaft und sollten vorsichtig interpretiert werden."
Nicht jede chronische Müdigkeit ist aber ein chronisches Fatiguesyndrom. "Es ist auf jeden Fall gekennzeichnet durch extreme, wochenlange Müdigkeit und Leistungsschwäche. Aber zuerst müssen alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen werden. Infrage kommen etwa Virus-Infektionen wie das Epstein-Bar-Virus, wo sich ebenso eine längere Krankheitsdauer zeige. Ausgeschlossen werden müssen auch Funktionsstörungen von Schilddrüse und Nebennieren.
Oft werden lediglich psychische Ursachen, etwa Schulangst, vermutet. Aber: "Kinder mit CFS sind auch an den Wochenenden und nicht nur während der Schulwoche krank", warnte die Betroffenen-Vereinigung "Lost Voices Stiftung" im Vorjahr anlässlich des internationalen CFS-Tages am 6. Mai .